• Erinnerung an das Lager Kolditschewo
Beim kleinen belarussischen Dorf Kolditschewo betrieb die SS zwischen 1941 und 1944 ein gleichnamiges Zwangsarbeitslager. Vor Ort und in der Umgebung erinnern mehrere Denkmäler an die etwa 22.000 Häftlinge, die die SS im Lager ermordete.
Bild:Kolditschewo, 2008, Hinweisschild an der Landstraße beim großen Denkmal, Zbigniew Wołocznik
Kolditschewo, 2008, Hinweisschild an der Landstraße beim großen Denkmal, Zbigniew Wołocznik

Bild:Kolditschewo, 2008, Denkmal für die Opfer des Arbeitslagers, Zbigniew Wołocznik
Kolditschewo, 2008, Denkmal für die Opfer des Arbeitslagers, Zbigniew Wołocznik
Das kleine Dorf Kolditschewo (belarussisch: Koldytschawa, polnisch: Kołdyczewo) liegt zwischen den Städten Nowogrodek (belarussich: Nawahradak, polnisch: Nowogródek) und Baranowitschi (polnisch: Baranowicze) in einer Region, in der vor dem Zweiten Weltkrieg sehr viele Juden lebten. Zwischen 1920 und 1939 gehörte das Gebiet zu Polen. Als die Sowjetunion im Zuge des Hitler-Stalin-Paktes im September 1939 Ostpolen besetzte, kam diese Gegend zur sowjetischen Teilrepublik Belarus. Nach dem Angriff der deutschen Wehrmacht auf die Sowjetunion im Juni 1941 ließ der Kommandeur der Sicherheitspolizei (KdS) der Außenstelle Baranowitschi, Waldemar Amelung, in Kolditschewo ein Zwangsarbeitslager einrichten, vermutlich im Dezember desselben Jahres. Die SS brachte vor allem Juden aus den Ghettos der umliegenden Städte wie Nowogrodek und Baranowitschi sowie polnische und belarussische Partisanen und Zivilisten nach Kolditschewo. Das Lager galt als besonders brutal. Lagerkommandant war SS-Hauptscharführer Fritz Jörn, die Wachmannschaften bestanden aus belarussischen Freiwilligen. Vermutlich waren ständig bis zu 10.000 Menschen im Lager inhaftiert, sie mussten Zwangsarbeit leisten. Laut Augenzeugenberichten musste die Mehrheit der Häftlinge unter freiem Himmel übernachten. Das Lager war gleichzeitig ein Mordzentrum der SS: Mehrere tausend Häftlinge ermordete sie hier, zudem fuhr 1944 ein größerer Transport von Kolditschewo nach Auschwitz. Im Lager existierte eine kleine jüdische Widerstandsgruppe, mit ihrer Hilfe gelang am 17. März 1944 etwa hundert jüdischen Häftlingen die Flucht. 24 wurden wieder gefangengenommen, 75 Juden entkamen jedoch und schlossen sich zum großen Teil der jüdischen Partisanengruppe um die Brüder Bielski an. Als Ende Juni 1944 die Rote Armee immer näher rückte, löste die SS das Lager auf, wobei sie noch einmal tausende Häftlinge ermordete.
Bild:Kolditschewo, 2008, Hinweisschild an der Landstraße beim großen Denkmal, Zbigniew Wołocznik
Kolditschewo, 2008, Hinweisschild an der Landstraße beim großen Denkmal, Zbigniew Wołocznik

Bild:Kolditschewo, 2008, Denkmal für die Opfer des Arbeitslagers, Zbigniew Wołocznik
Kolditschewo, 2008, Denkmal für die Opfer des Arbeitslagers, Zbigniew Wołocznik
Insgesamt wurden bis zu 22.000 Menschen im Lager Kolditschewo ermordet, unter ihnen Juden, Belarussen und Polen. Laut Inschrift auf einem der Denkmäler waren auch Roma unter den Opfern. Die genaue Zahl der Todesopfer ist unbekannt.
Bild:Kolditschewo, 2008, Gedenkstein für die ermordeten Häftlinge im Dorf, Marek Dojs
Kolditschewo, 2008, Gedenkstein für die ermordeten Häftlinge im Dorf, Marek Dojs

Bild:Kolditschewo, 2008, Stein neben dem Denkmal mit dem Hinweis auf »22.000 ermordete friedliche Bürger«, Zbigniew Wołocznik
Kolditschewo, 2008, Stein neben dem Denkmal mit dem Hinweis auf »22.000 ermordete friedliche Bürger«, Zbigniew Wołocznik
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden in und um Kolditschewo mehrere Gedenksteine errichtet. In der Mitte des Dorfes steht seit 1964 ein Gedenkstein. Daneben steht ein kleinerer Stein mit der belarussischen Inschrift: »Menschen, haltet inne! Hier befand sich in den Jahren des Großen Vaterländischen Krieges das Todeslager Kolditschewo. 22.000 friedliche Bürger fanden in ihm durch die Hände der faschistischen Mörder den Tod.« Auf einem anderen Stein steht ein Gedicht.
Etwa zwei Kilometer nördlich des Dorfes wurde 2008 ein weiteres Denkmal unter Einbeziehung und Nennung aller Opfergruppen eingeweiht. Es hat die Form eines Tors mit drei Bögen. Vorne prangt die russische Inschrift: »Ewiges Gedenken der Opfer des Faschismus«. An den Säulen erinnern mehrsprachige Gedenkplatten an die verschiedenen Opfergruppen: Juden, Polen, Belarussen und Roma. Oben auf dem Tor befinden sich ein Davidstern sowie zwei Kreuze, ein katholisches und ein orthodoxes.
Bild:Kolditschewo, 2008, Ruinen des Lagers, Zbigniew Wołocznik
Kolditschewo, 2008, Ruinen des Lagers, Zbigniew Wołocznik

Bild:Kolditschewo, 2008, Gedenktafeln am Tor weisen auf die verschiedenen Opfergruppen hin, Zbigniew Wołocznik
Kolditschewo, 2008, Gedenktafeln am Tor weisen auf die verschiedenen Opfergruppen hin, Zbigniew Wołocznik
Name
Pamjat' koldytschewskowo lagerja smerti
Adresse
entlang der Landstraße P5
Koldychevo
Öffnungszeiten
Die Denkmäler sind jederzeit zugänglich.