• Erinnerung an die ermordeten Juden von Radom
Nur wenige Hundert Juden aus Radom überlebten den Holocaust. Heute erinnert nur wenig im Stadtbild an die jüdischen Einwohner, die vor dem Zweiten Weltkrieg fast ein Drittel der Bevölkerung stellten.
Bild:Radom, o.D., Historische Ansichtskarte, Sammlung Tomasz Wiśniewski
Radom, o.D., Historische Ansichtskarte, Sammlung Tomasz Wiśniewski

Bild:Radom, 2010, Detailansicht des Denkmals für die Radomer Juden am ehemaligen Standort der Synagoge, Sara Wisnia
Radom, 2010, Detailansicht des Denkmals für die Radomer Juden am ehemaligen Standort der Synagoge, Sara Wisnia
Im zentralpolnischen Radom, 100 Kilometer südlich der Hauptstadt Warschau, waren vor dem Zweiten Weltkrieg fast ein Drittel der etwa 85.000 Einwohner Juden. Die ersten Juden siedelten sich vermutlich bereits im 16. Jahrhundert in Radom an, doch die jüdische Gemeinde war erst seit 1850 rasant gewachsen. Die Radomer Juden waren verhältnismäßig wenig assimiliert und sie sprachen meist Jiddisch untereinander. Mittelpunkt ihres religiösen und kulturellen Lebens war die 1844 erbaute Synagoge.
Die deutsche Wehrmacht eroberte Radom am 8. September 1939. In den Monaten danach musste die Stadt viele tausend Juden aufnehmen, die die deutschen Behörden aus dem Raum Posen abgeschoben hatten. Im Laufe des Jahres 1940 wurden Tausende Juden aus Radom in Arbeitslager verschleppt, viele von ihnen wurden ermordet. Im April 1941 ließ die deutsche Verwaltung zwei Ghettos errichten: ein großes Ghetto für etwa 25.000 Juden im Stadtzentrum und ein kleines Ghetto im Vorort Glinice, in das etwa 8.000 Juden eingewiesen wurden. In beiden Ghettos waren die Lebensbedingungen katastrophal, die auf engstem Raum zusammengepferchten Einwohner hungerten. In den nächsten Monaten führte die SS in beiden Ghettos immer wieder »Aktionen« durch, bei dem zahlreiche Juden erschossen oder in Lager deportiert wurden.
Im August 1942 wurden beide Ghettos nacheinander mit äußerster Brutalität aufgelöst. Hunderte Juden, vor allem Ältere und Kinder, sowie solche, die Widerstand leisten oder sich verstecken wollten, wurden auf der Stelle ermordet. Insgesamt etwa 24.000 Juden deportierte die SS ins Vernichtungslager Treblinka, wo sie direkt nach der Ankunft durch Giftgas ermordet wurden. Etwa 4.800 Frauen und Männer wurden zur Zwangsarbeit bestimmt, von denen nur wenige das Kriegsende erlebten.
Bild:Radom, o.D., Historische Ansichtskarte, Sammlung Tomasz Wiśniewski
Radom, o.D., Historische Ansichtskarte, Sammlung Tomasz Wiśniewski

Bild:Radom, 2010, Detailansicht des Denkmals für die Radomer Juden am ehemaligen Standort der Synagoge, Sara Wisnia
Radom, 2010, Detailansicht des Denkmals für die Radomer Juden am ehemaligen Standort der Synagoge, Sara Wisnia
Von den etwa 30.000 Juden, die unmittelbar nach der Besetzung durch die deutsche Wehrmacht in Radom lebten, überlebten nur wenige Hundert den Holocaust. Die meisten Radomer Juden ermordete die SS im August 1942 in den Gaskammern des Vernichtungslagers Treblinka: 6.000 Personen aus dem kleinen und 18.000 aus dem großen Ghetto. Tausende weitere wurden bei den verschiedenen »Aktionen« erschossen, viele starben in den Ghettos und Arbeitslagern an Hunger und Krankheiten.
Bild:Radom, 1941, Propagandaaufnahme der Wehrmacht im Radomer Ghetto, Bundesarchiv, Bild 101I-030-0794-21A, Brener
Radom, 1941, Propagandaaufnahme der Wehrmacht im Radomer Ghetto, Bundesarchiv, Bild 101I-030-0794-21A, Brener

Bild:Radom, 2012, Denkmal für die ermordeten Juden am Friedhof im Vorort Firlej, Mzungu
Radom, 2012, Denkmal für die ermordeten Juden am Friedhof im Vorort Firlej, Mzungu
Nach dem Krieg kehrten etwa 400 Juden nach Radom zurück, verließen die Stadt jedoch bald wieder. Die Jüdische Gemeinde war bis 1951 aktiv, 1965 lebten nur noch 7 Juden in der Stadt.
Heute erinnert nicht mehr viel an das einst rege jüdische Leben in Radom. Das bekannteste Erinnerungszeichen ist das 1950 errichtetes »Denkmal in Erinnerung an die Radomer Juden« – es steht an der Stelle, an der einst die 1844 errichtete Synagoge stand. Die Inschrift auf dem Sockel in polnischer und hebräischer Sprache lautet: »Den Juden Radoms – Opfer von Nazi-Verbrechen«.
Im Vorort Firlej ermordete die SS mehr als 15.000 Personen bei Massenerschießungen, außer Juden auch polnische Intellektuelle, Freiheitskämpfer und Zivilisten. Seit Oktober 2001 gibt es dort auch ein eigenes Denkmal für die jüdischen Opfer. Ein weiterer Ort der Erinnerung ist der verlassen wirkende jüdische Friedhof.

2013 erschien die Autobiografie des aus Radom stammenden Holocaustüberlebenden Moniek Baumzecer (*1919) in der Publikationsreihe der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas.
Bild:Radom, 2010, Denkmal für die Radomer Juden am ehemaligen Standort der Synagoge, Sara Wisnia
Radom, 2010, Denkmal für die Radomer Juden am ehemaligen Standort der Synagoge, Sara Wisnia

Bild:Radom, 2010, Inschrift auf dem Sockel des Denkmals, Sara Wisnia
Radom, 2010, Inschrift auf dem Sockel des Denkmals, Sara Wisnia
Name
Pamięci Radomskich Żydów
Adresse
Bóżniczna / Podwalna
26-600 Radom
Öffnungszeiten
Die Denkmäler sind jederzeit zugänglich.