• Dokumentationsstätte KZ Hersbruck
Der Verein »Dokumentationsstätte KZ Hersbruck e.V.« erinnert im mittelfränkischen Hersbruck seit 1999 an das Außenlager des Konzentrationslagers Flossenbürg, das von Mai 1944 bis April 1945 dort bestand. Die SS zwang die Häftlinge des Lagers, eine unterirdische Flugzeugmotorenfabrik im Berg Houbirg zu bauen.
Bild:Hersbruck, 1945, Amerikanisches Maschinengewehr vor den ehemaligen Häftlingsbaracken nach Ende des Krieges, National Archives Washington
Hersbruck, 1945, Amerikanisches Maschinengewehr vor den ehemaligen Häftlingsbaracken nach Ende des Krieges, National Archives Washington

Bild:Hersbruck, 2005, Im Inneren des Doggerstollen, Wilhelm Henke
Hersbruck, 2005, Im Inneren des Doggerstollen, Wilhelm Henke
Am 17. Mai 1944 trafen die ersten 147 Häftlinge aus dem Konzentrationslager Flossenbürg im Ort Happurg in der Nähe von Hersbruck ein. Die SS brachte die Häftlinge in einer Scheune in Happurg unter, ihre Zahl stieg bald auf 400 bis 500 an. Das Außenlager in Happurg blieb dem Konzentrationslager Flossenbürg unterstellt. Die Häftlinge mussten als Zwangsarbeiter im nahe gelegenen Bergstock der Houbirg bei Happurg eine Stollenanlage ausschachten, in der eine unterirdische Rüstungsfabrik zur Produktion von BMW-Flugzeugmotoren mit dem Namen »Doggerwerk« entstehen sollte. Zudem bauten sie im Ort Happurg die Infrastruktur für die Großbaustelle aus. Im August 1944 verlegte die SS das Lager in Happurg mit etwa 1.900 Häftlingen in das neu errichtete Außenlager Hersbruck, das in unmittelbarer Nähe des Hersbrucker Freibads »Strudelbad« lag. Das Lager in Happurg nutzte die SS fortan als Zwangsarbeiterlager. In der Umgebung entstand ein weiteres Lager für SS- und Polizeiinhaftierte, das Lager Förrenbach. Danach stieg die Zahl der in Hersbruck festgehaltenen KZ-Häftlinge auf über 2.000 im Dezember 1944 und schließlich auf bis zu fast 6.000 Menschen im Februar 1945 an. Im Winter 1944/45 errichtete die SS in der Nähe von Förrenbach ein eigenes Krematorium für die vielen Toten des Außenlagers Hersbruck. Infolge der harten Arbeit, den unzureichenden Lebensbedingungen im Lager und brutaler Strafen der SS-Wachen starben zeitweise bis zu dreißig Menschen täglich. In zwei verschiedenen Waldstücken bei Hersbruck ließ die SS zusätzlich Leichen unter freiem Himmel verbrennen. Am 7. und 8. April 1945 räumte die SS das Lager und schickte etwa 3.000 Häftlinge auf einen Todesmarsch in Richtung Süden. Die unterirdische Fabrik wurde nie fertig gestellt. Am 17. April 1945 eroberten amerikanische Einheiten Hersbruck und befreiten das Lager.
Bild:Hersbruck, 1945, Amerikanisches Maschinengewehr vor den ehemaligen Häftlingsbaracken nach Ende des Krieges, National Archives Washington
Hersbruck, 1945, Amerikanisches Maschinengewehr vor den ehemaligen Häftlingsbaracken nach Ende des Krieges, National Archives Washington

Bild:Hersbruck, 2005, Im Inneren des Doggerstollen, Wilhelm Henke
Hersbruck, 2005, Im Inneren des Doggerstollen, Wilhelm Henke
Insgesamt waren während seines elfmonatigen Bestehens etwa 9.000 Menschen aus 21 Nationen im Außenlagers Hersbruck gefangen. Die größten Gruppen bildeten ungarische Juden, Russen und Polen. Etwa 4.000 Häftlinge starben an den Lebens- und Arbeitsbedingungen, aber auch an Misshandlungen und Hinrichtungen. Damit war Hersbruck eines der größten Außenlager vom KZ Flossenbürg, zudem eines mit einer besonders hohen Todesrate.
Bild:Hersbruck, um 1948, Das von Überlebenden 1945 aufgestellte Holzkreuz im ehemaligen Lager, Association des Déportés de Flossenbürg et Kommandos
Hersbruck, um 1948, Das von Überlebenden 1945 aufgestellte Holzkreuz im ehemaligen Lager, Association des Déportés de Flossenbürg et Kommandos

Bild:Hersbruck, 2010, Informationsstelen auf dem ehemaligen Lagergelände, Dokumentationsstätte KZ Hersbruck e.V.
Hersbruck, 2010, Informationsstelen auf dem ehemaligen Lagergelände, Dokumentationsstätte KZ Hersbruck e.V.
Nach dem Zweiten Weltkrieg benutzte die US-Armee das ehemalige Lagergelände zunächst als Internierungs-, dann als Flüchtlingslager. Bereits 1945 errichteten Überlebende ein Holzkreuz und legten einen kleinen Friedhof auf dem ehemaligen Lagergelände an. Später wurde das Gelände zum Teil mit Wohnhäusern bebaut. In das ehemalige Kommandanturgebäude zog 1972 das Finanzamt von Hersbruck; 2007 wurde das Gebäude abgerissen und durch einen Neubau ersetzt. Neben dem Gebäude errichtete die DGB-Jugend Bayern (Deutscher Gewerkschaftsbund) 1983 einen Gedenkstein zur Erinnerung an die Opfer des Außenlagers. Die Eingänge zu den teilweise einsturzgefährdeten Stollen in Happurg wurden 2002 verschlossen. Das ehemalige Lagergelände wurde 2003 von der Stadt Hersbruck weiter überbaut: Neben dem »Strudelbad« entstand ein Thermalbad.
Das Lager Förrenbach wurde nach dem Krieg ebenfalls als Flüchtlingslager genutzt, 1955 ging das Gelände zusammen mit dem ehemaligen Krematorium in einem neu gebauten Stausee unter. Ein Denkmal wurde am Ufer des Stausees errichtet.
2007 weihte der ehemalige Häftling und Kunstprofessor Vittore Bocchetta ein Mahnmal zur Erinnerung an seine Mithäftlinge in Hersbruck ein. Die von ihm geschaffene Skulptur trägt den Titel »Ohne Namen«. Am Denkmal finden regelmäßig Veranstaltungen statt. Im Herbst 2009 wurden von der Stiftung Bayerische Gedenkstätten Informationstafeln auf dem ehemaligen Lagergelände und vor dem Zugang zum Doggerstollen errichtet. Seit 1999 setzt sich der Verein »Dokumentationsstätte KZ Hersbruck e.V.« für die Erinnerung an das Außenlager Hersbruck und die Errichtung eines Dokumentationszentrums ein. In der Innenstadt von Hersbruck unterhält der Verein eine Geschäftsstelle mit einer kleinen Ausstellung.
Bild:Hersbruck, 2007, Das ehemalige Kommandanturgebäude, Konrad Tzschentke
Hersbruck, 2007, Das ehemalige Kommandanturgebäude, Konrad Tzschentke

Bild:Hersbruck, 2010, Mahnmal von Vittore Bocchetta, Dokumentationsstätte KZ Hersbruck e.V.
Hersbruck, 2010, Mahnmal von Vittore Bocchetta, Dokumentationsstätte KZ Hersbruck e.V.
Name
Dokumentationsstätte KZ Hersbruck
Adresse
Mauerweg 17
91217 Hersbruck
Telefon
+49 (0)9151 822 920
Fax
+49 (0)9151 822 984
Web
http://www.kz-hersbruck-info.de
E-Mail
info@kz-hersbruck-info.de
Öffnungszeiten
Mittwoch, Donnerstag, Freitag: 10.00 bis 12.00
Angebot
Führungen zum ehemaligen Lagergelände und zu den Doggerstollen, Handbibliothek, Wanderausstellung »Das KZ-Außenlager Hersbruck und das Doggerwerk«