• Mahn- und Gedenkstätten Wöbbelin
Für nur wenige Wochen existierte im Frühjahr 1945 in der Nähe der mecklenburgischen Stadt Ludwigslust ein Außenlager des KZ Neuengamme. Der SS diente es als Auffanglager für die Häftlinge mehrerer Todesmärsche aus aufgelösten nord- und mitteldeutschen Konzentrations- und Außenlagern. Mehr als tausend Häftlinge starben innerhalb weniger Wochen aufgrund der katastrophalen Lebensbedingungen im KZ-Außenlager Wöbbelin. Die Mahn- und Gedenkstätte Wöbbelin erinnert an ihr Schicksal.
Bild:Wöbbelin, Frühjahr 1945, Das Lager kurz nach der Befreiung durch die US-Armee, USHMM
Wöbbelin, Frühjahr 1945, Das Lager kurz nach der Befreiung durch die US-Armee, USHMM

Bild:Wöbbelin, 2006, Denkmal auf dem ehemaligen Lagergelände, Mahn- und Gedenkstätten Wöbbelin
Wöbbelin, 2006, Denkmal auf dem ehemaligen Lagergelände, Mahn- und Gedenkstätten Wöbbelin
Ab Mitte Februar 1945 mussten Häftlinge aus dem KZ Neuengamme ein neues Außenlager bei Wöbbelin errichten. Es entstanden mehrere Steinbaracken, die aber aufgrund des Zeitdrucks nicht fertig gestellt werden konnten. Als die ersten Häftlingsgruppen eintrafen waren noch keine Fenster und Türen eingebaut, auch Schlafpritschen fehlten in den Baracken. Als sich die alliierten Truppen bei ihrem Vormarsch 1945 dem deutschen Gebiet näherten, löste die SS mehrere der dort befindlichen Konzentrationslager und Außenlager auf. So sollte verhindert werden, dass Überlebende von den Zuständen in den Lagern berichten konnten. Viele der Häftlinge die im Zuge der Auflösungen nach Wöbbelin verschleppt wurden, stammten aus dem KZ Neuengamme und aus dessen Außenlagern. Aber auch aus Auschwitz kamen Gefangene in das neu errichtete »Auffanglager«. Kurz vor Kriegsende befanden sich mehr als 5.000 Häftlinge in Wöbbelin. Die Essensrationen reichten aufgrund der immer größer werdenden Belegung bei weitem nicht aus. Überlebende berichten von Kannibalismus unter den Insassen. Für das gesamte Lager gab es nur eine Wasserstelle. Da sie unsauberes Wasser lieferte, wurden viele der Häftlinge krank. Die Todeszahl unter den Häftlingen vergrößerte sich von Woche zu Woche. Angesichts der vorrückenden alliierten Truppen plante die Lagerleitung in den letzten Apriltagen 1945 auch das Außenlager Wöbbelin aufzulösen. Ein Teil der Häftlinge wurde am 1. Mai in einen Güterzug getrieben, der allerdings nicht abfuhr. Die 82. US-Luftlandedivision erreichte Wöbbelin einen Tag später und befreite schätzungsweise 3.500 Häftlinge. Den Soldaten bot sich ein schreckliches Bild. Augenzeugenberichten zufolge waren Lebende kaum von den Toten zu unterscheiden. Hunderte Leichen lagen auf dem Gelände, unerträglicher Leichengeruch lag in der Luft.
Bild:Wöbbelin, Frühjahr 1945, Das Lager kurz nach der Befreiung durch die US-Armee, USHMM
Wöbbelin, Frühjahr 1945, Das Lager kurz nach der Befreiung durch die US-Armee, USHMM

Bild:Wöbbelin, 2006, Denkmal auf dem ehemaligen Lagergelände, Mahn- und Gedenkstätten Wöbbelin
Wöbbelin, 2006, Denkmal auf dem ehemaligen Lagergelände, Mahn- und Gedenkstätten Wöbbelin
Die nach Wöbbelin verschleppten Häftlinge stammten aus mindestens 16 Nationen. Aufgrund der fehlenden Registrierung gibt es keine genauen Angaben über die Zahl der Toten im KZ-Außenlager Wöbbelin. Geschätzt wird, dass in der Zeit von Mitte Februar bis zur Befreiung am 2. Mai 1945 mehr als 1.000 der Insassen starben. Die Toten begrub ein aus Häftlingen bestehendes »Leichenkommando« in Massengräbern in der näheren Umgebung. Ein Teil der Leichen wurde auf Anweisung der SS in der Sanitärbaracke gestapelt. Nach der Befreiung des Lagers starben trotz eingeleiteter Hilfsmaßnahmen durch das amerikanische Militär noch über 200 Personen an den Folgen der Haft.
Bild:Wöbbelin, Frühjahr 1945, Überlebende kurz nach der Befreiung des Lagers durch die Amerikaner, USHMM
Wöbbelin, Frühjahr 1945, Überlebende kurz nach der Befreiung des Lagers durch die Amerikaner, USHMM

Bild:Wöbbelin, 2009, Sandsteinrelief von Jo Jastram aus dem Jahr 1965, Mahn- und Gedenkstätten Wöbbelin
Wöbbelin, 2009, Sandsteinrelief von Jo Jastram aus dem Jahr 1965, Mahn- und Gedenkstätten Wöbbelin
Alle Gebäude des Lagerkomplexes wurden kurz nach Kriegsende abgerissen. Seit 1960 ist unweit der Häftlingsgräber ein Sandsteinrelief des Künstlers Jo Jastram zu sehen. 1965 eröffnete im Theodor-Körner-Museum des Ortes eine Ausstellung über das Lager in Wöbbelin. Sie wurde 1995 neu konzipiert. Ebenfalls seit 1965 wies an einer Straße in der Nähe des ehemaligen Lagergeländes ein Feldstein mit der Aufschrift »KZ 1945« auf das Lager hin. Dieser Stein befindet sich inzwischen auf dem ehemaligen Lagergelände selbst.
Im Februar 2002 wurden die Gedenkstätte und das Sandsteinrelief von Rechtsradikalen beschädigt und geschändet. Die Rekonstruktion des Kunstwerks erfolgte noch im selben Jahr. Auf dem ehemaligen Lagergelände selbst fand 2005 die Einweihung einer Gedenkanlage mit einigen Namen und Informationen zu den hier verstorbenen Häftlingen statt. Bereits im Jahr zuvor errichteten Jugendliche im Rahmen eines Workcamps Skulpturen an diesem Ort.
Bild:Wöbbelin, 2006, Gedenkstein am Standort des ehemaligen Lagers, Mahn- und Gedenkstätten Wöbbelin
Wöbbelin, 2006, Gedenkstein am Standort des ehemaligen Lagers, Mahn- und Gedenkstätten Wöbbelin

Bild:Wöbbelin, 2006, Detail des Denkmals auf dem ehemaligen Lagergelände, Mahn- und Gedenkstätten Wöbbelin
Wöbbelin, 2006, Detail des Denkmals auf dem ehemaligen Lagergelände, Mahn- und Gedenkstätten Wöbbelin
Name
Mahn- und Gedenkstätten Wöbbelin
Adresse
Ludwigsluster Straße 1a
19288 Wöbbelin
Telefon
+49 (0)38753 807 92
Fax
+49 (0)38753 883 42
Web
https://www.gedenkstaetten-woebbelin.de/cms/
E-Mail
info@gedenkstaetten-woebbelin.de
Öffnungszeiten
April bis Oktober Dienstag bis Freitag 12.00 bis 16.00, Sonntag 11.00 bis 16.00, November bis März Dienstag bis Freitag 11.00 bis 16.00, Sonntag 11.00 bis 16.00
Montags und samstags geschlossen.
Angebot
Dokumentationsausstellung im Theodor-Körner-Museum, Organisation von internationalen Jugendbegegnungen und Seminaren