• Mahnmal zur Erinnerung an die ermordeten Reichstagsabgeordneten
Vor dem Reichstagsgebäude erinnert ein Mahnmal an 96 Abgeordnete des Reichstags, die Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung wurden.
Bild:Berlin, 6. März 1933, Verhaftung von Kommunisten durch SA am Tag nach den Reichstagswahlen, Bundesarchiv, Bild 102-02920A, k.A.
Berlin, 6. März 1933, Verhaftung von Kommunisten durch SA am Tag nach den Reichstagswahlen, Bundesarchiv, Bild 102-02920A, k.A.

Bild:Berlin, 2008, Das Mahnmal für die ermordeten Reichstagsabgeordneten, im Hintergrund das Reichstagsgebäude, Stiftung Denkmal, Anne Bobzin
Berlin, 2008, Das Mahnmal für die ermordeten Reichstagsabgeordneten, im Hintergrund das Reichstagsgebäude, Stiftung Denkmal, Anne Bobzin
Wenige Tage vor der Reichstagswahl, in der Nacht zum 28. Februar 1933 brannte das Reichstagsgebäude. Der holländische Linksanarchist Marinus van der Lubbe, der die Brandstiftung zugab, wurde noch am Tatort festgenommen. Bereits wenige Stunden später verkündeten die Nationalsozialisten, dass für die Tat eine kommunistische Verschwörung verantwortlich sei. Die von Adolf Hitler geführte Reichsregierung reagierte in Form einer »Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz von Volk und Staat«. Dieser auch als »Reichstagsbrandverordnung« bezeichnete, sowohl von Adolf Hitler als auch vom Reichspräsidenten Paul von Hindenburg gezeichnete Text höhlte den in der Verfassung der Weimarer Republik verankerten demokratischen Rechtsstaat aus. Er ermächtigte die Reichsregierung unter anderem dazu, das Recht auf freie Meinungsäußerung, das Vereins- und Versammlungsrecht sowie die Pressefreiheit außer Kraft zu setzen. Die Verfolgung von politischen Gegnern konnte somit unter dem Deckmantel der Legalität aufgenommen werden. Die Verordnung diente der Reichsregierung auch als gesetzliche Grundlage dafür, wenige Tage nach der Wahl des neuen Reichstages die Mandate der kommunistischen Reichstagsabgeordneten zu löschen. In den folgenden Monaten verfolgte die SA und ihre Hilfspolizei, sowie später die SS und die Gestapo, politische Gegner des NS-Regimes. Allein zwischen März und April 1933 wurden über 45.000 Frauen und Männer in Schutzhaft genommen und in Gefängnissen, polizeilichen Haftanstalten und in neu eingerichteten Konzentrationslagern inhaftiert. An diesen Orten wurden sie verhört und oft brutal misshandelt. Viele Kommunisten, Sozialdemokraten und linke Intellektuelle wurden vorsätzlich ermordet oder kamen infolge der Misshandlungen um.
Es gelang den Nationalsozialisten nie, eine hinter dem Reichstagsbrand vermutete kommunistische Verschwörung vor Gericht nachzuweisen.
Bild:Berlin, 6. März 1933, Verhaftung von Kommunisten durch SA am Tag nach den Reichstagswahlen, Bundesarchiv, Bild 102-02920A, k.A.
Berlin, 6. März 1933, Verhaftung von Kommunisten durch SA am Tag nach den Reichstagswahlen, Bundesarchiv, Bild 102-02920A, k.A.

Bild:Berlin, 2008, Das Mahnmal für die ermordeten Reichstagsabgeordneten, im Hintergrund das Reichstagsgebäude, Stiftung Denkmal, Anne Bobzin
Berlin, 2008, Das Mahnmal für die ermordeten Reichstagsabgeordneten, im Hintergrund das Reichstagsgebäude, Stiftung Denkmal, Anne Bobzin
Bisher sind 96 Reichstagsabgeordneten bekannt, die in der Zeit von 1933 bis 1945 in den Tod getrieben wurden, an den Folgen der Haft starben oder unter dem nationalsozialistischen Regime vorsätzlich ermordet wurden.
Bild:O.O., um 1933, Der am 28./29. März 1934 im KZ Kislau ermordete SPD-Reichstagsabgeordnete Ludwig Marum, Stadtarchiv Karlsruhe 8/PBS oIII 1284
O.O., um 1933, Der am 28./29. März 1934 im KZ Kislau ermordete SPD-Reichstagsabgeordnete Ludwig Marum, Stadtarchiv Karlsruhe 8/PBS oIII 1284

Bild:Berlin, 2008, Detailansicht des Mahnmals, Stiftung Denkmal, Anne Bobzin
Berlin, 2008, Detailansicht des Mahnmals, Stiftung Denkmal, Anne Bobzin
Die Initiative für ein Mahnmal zur Erinnerung an die ermordeten Reichstagsabgeordneten ging Ende der 1980er Jahre vom Verein »Perspektive Berlin« aus. Der Entwurf für das im September 1992 vor dem Reichstagsgebäude aufgestellte Mahnmal stammt von Dieter Appelt, Klaus W. Eisenlohr, Justus Müller und Christian Zwirner. Es besteht aus 96 gusseisernen Platten, die hochkant aneinandergereiht wurden. Auf den Kanten sind die Namen, Geburts- und Sterbejahre sowie die Orte der Ermordung der einzelnen Reichstagsabgeordneten eingraviert. Sollten historische Forschungen Informationen zu bisher nicht bekannten Opfern ans Licht bringen, kann das Denkmal um weitere Platten ergänzt werden.
Im Untergeschoss des Reichstagsgebäudes gibt es einen weiteren Ort, an dem an die ermordeten Reichstagsabgeordneten erinnert wird. Es handelt sich um das »Archiv der deutschen Abgeordneten« des französischen Künstlers Christian Boltanski. Dieses Archiv besteht aus 5.000 übereinander gestapelten Kästen aus Metall, wobei jeder Kasten den Namen eines Abgeordneten zwischen 1919 und 1999 trägt. Die Kästen, die Namen von ermordeten Reichstagsabgeordneten tragen, sind zusätzlich durch einen schwarzen Streifen gekennzeichnet.
Bild:Berlin, 2008, Mahnmal für die ermordeten Reichstagsabgeordneten, Stiftung Denkmal, Anne Bobzin
Berlin, 2008, Mahnmal für die ermordeten Reichstagsabgeordneten, Stiftung Denkmal, Anne Bobzin

Bild:Berlin, 2008, Detailansicht des Mahnmals, Stiftung Denkmal, Anne Bobzin
Berlin, 2008, Detailansicht des Mahnmals, Stiftung Denkmal, Anne Bobzin
Name
Mahnmal zur Erinnerung an die ermordeten Reichstagsabgeordneten
Adresse
Platz der Republik/Scheidemannstraße
10557 Berlin
Öffnungszeiten
Das Mahnmal ist jederzeit zugänglich.