• Gedenktafel für die Opfer der ersten Deportation aus Königsberg
Am 24. Juni 2011 – 69 Jahre nach der ersten Deportation im Sommer 1942 – wurde am früheren Nordbahnhof in Königsberg (russisch: Kaliningrad) eine Tafel in Erinnerung an die 465 verschleppten jüdischen Kinder, Frauen und Männer eingeweiht.
Bild:Königsberg, o.D., Der Platz vor dem Nordbahnhof in der Zeit des Nationalsozialismus, Stiftung Denkmal
Königsberg, o.D., Der Platz vor dem Nordbahnhof in der Zeit des Nationalsozialismus, Stiftung Denkmal

Bild:Königsberg, 2011, Deutsch-Russische Gedenktafel und Blick auf den Bahnsteig, Stiftung Denkmal
Königsberg, 2011, Deutsch-Russische Gedenktafel und Blick auf den Bahnsteig, Stiftung Denkmal
Anfang des 20. Jahrhunderts lebten in Königsberg, der Hauptstadt der deutschen Provinz Ostpreußen, etwa 4.700 Juden. In der »Reichspogromnacht« vom 9. auf den 10. November 1938 zerschlugen Königsberger Nationalsozialisten und ihre Sympathisanten die Inneneinrichtung der Neuen Synagoge an der Lindenstraße (heute: Oktjabrskaja) und setzten Teile des Gebäudes in Brand. Die Ruine wurde bald darauf gesprengt und abgetragen.
Bis Oktober 1941 gelang es noch mehreren hundert Juden, Königsberg zu verlassen. Am 24. Juni 1942 verschleppten SS-Angehörige 465 jüdische Kinder, Frauen und Männer – unter ihnen die 7-jährige Evelin Hella Evelyne Preuss und der 61-jährige Paul Funk – vom Güterbahnhof des Königsberger Nordbahnhofs mit dem Personenzug »Da 40« in die Vernichtungsstätte Malyj Trostenez bei Minsk; es war die größte Deportation aus Ostpreußen. Zuvor hatten die Opfer von einer Sammelstelle in einem langen Zug durch die Stadt zum Bahnhof marschieren müssen. In der Nacht wurden dem Transport in Korschen Waggons mit Juden aus Allenstein – unter ihnen der letzte Rabbiner in Ostpreußen, Dr. Naftali Apt – sowie aus Berlin, wie die Berliner Wirtschaftswissenschaftlerin Cora Berliner, angehängt. Nach der Ankunft am Minsker Güterbahnhof zwei Tage später ermordeten SS-Angehörige die meisten Deportierten.
Andere Transporte aus Königsberg gingen bis Anfang 1945 in das Ghettolager Theresienstadt und nach Auschwitz.
Nach den britischen Bombenangriffen im August 1944 und dem Kampf um die »Festung« im Frühjahr 1945 lag die Königsberger Innenstadt in Trümmern. Nur wenige Juden überlebten die nationalsozialistische Verfolgung am Ort. Nachdem das nördliche Ostpreußen im Sommer 1945 der Sowjetunion zugeschlagen worden war, wurden die Juden wie alle anderen Deutschen 1947/48 aus dem Gebiet von den neuen Machthabern »ausgesiedelt«. Erst nach 1990/91 setzte vor Ort eine Beschäftigung mit der deutschen und der deutsch-jüdischen Geschichte Königsbergs und Ostpreußens ein.
Bild:Königsberg, o.D., Der Platz vor dem Nordbahnhof in der Zeit des Nationalsozialismus, Stiftung Denkmal
Königsberg, o.D., Der Platz vor dem Nordbahnhof in der Zeit des Nationalsozialismus, Stiftung Denkmal

Bild:Königsberg, 2011, Deutsch-Russische Gedenktafel und Blick auf den Bahnsteig, Stiftung Denkmal
Königsberg, 2011, Deutsch-Russische Gedenktafel und Blick auf den Bahnsteig, Stiftung Denkmal
Die Tafel trägt die russisch-deutsche Inschrift: »Im Gedenken an die 465 jüdischen Kinder, Frauen und Männer aus Königsberg und der Provinz Ostpreußen, die Angehörige der SS am 24. Juni 1942 vom Güterbereich des früheren Nordbahnhofs in die Vernichtungsstätte Malyj Trostenez bei Minsk verschleppten. Es war die erste Deportation von jüdischen Königsbergern im Rahmen des nationalsozialistischen Massenmordes an den Juden Europas. Königsberger und Kaliningrader Bürger 24. Juni 2011«
Bild:Königsberg, 2011, Die Überlebende Nechama Drober spricht bei der Einweihung der Gedenktafel, im Hintergrund der Eingang des Bahnhofs, Stiftung Denkmal
Königsberg, 2011, Die Überlebende Nechama Drober spricht bei der Einweihung der Gedenktafel, im Hintergrund der Eingang des Bahnhofs, Stiftung Denkmal

Bild:Königsberg, 2011, Deutsch-Russische Gedenktafel, Stiftung Denkmal
Königsberg, 2011, Deutsch-Russische Gedenktafel, Stiftung Denkmal
Die Gedenktafel wurde auf der Rückseite des früheren Nordbahnhofs neben dem Eingang zum heutigen Nordbahnhof, vom dem Züge an die Ostseebäder des Samlands abfahren, angebracht. Der damalige Güterbahnhof (heute: Kutusowo Nowoje) liegt etwa vier Kilometer entfernt, hat allerdings kaum Publikumsverkehr. Das Erinnerungszeichen ist ein gemeinsames Projekt der Kaliningrader Jüdischen Gemeinde, der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas und der Stadtgemeinschaft Königsberg e. V. – mit Unterstützung des Europainstituts Klaus Mehnert der Kaliningrader Staatlichen Technischen Universität, des Deutschen Generalkonsulats und der Russischen Eisenbahnen. An der Zeremonie nahmen mit Nechama Drober (*1927 als Hella Markowsky) und Michael Wieck (*1928) die letzten Königsberger Juden teil, die sowohl den Nationalsozialismus als auch die anschließende »Russenzeit« ab 1945 am Ort überlebt haben.
Bild:Königsberg, 2011, Die Überlebende Nechama Drober spricht bei der Einweihung der Gedenktafel, Stiftung Denkmal
Königsberg, 2011, Die Überlebende Nechama Drober spricht bei der Einweihung der Gedenktafel, Stiftung Denkmal

Bild:Königsberg, 2011, Die Überlebenden Nechama Drober und Michael Wieck mit dem Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde Kaliningrad, Wiktor Schapiro, Stiftung Denkmal
Königsberg, 2011, Die Überlebenden Nechama Drober und Michael Wieck mit dem Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde Kaliningrad, Wiktor Schapiro, Stiftung Denkmal
Name
Memorialnaja doska schertwam perwoj deportazii iz Kenigsberga
Öffnungszeiten
Die Gedenktafel ist jederzeit zugänglich.