• Erinnerungsort Alter Schlachthof
Auf dem Campus der Hochschule Düsseldorf befindet sich seit 2016 der Erinnerungsort Alter Schlachthof. Während des Zweiten Weltkrieges war er die Sammelstelle für Juden aus Düsseldorf und Umgebung, bevor sie in den besetzten Osten deportiert wurden.
Bild:Düsseldorf, um 1900, Blick über das Schlachthofgelände, Architekten- und Ingenieurverein zu Düsseldorf: Düsseldorf und seine Bauten, Verlag L. Schwann, Düsseldorf 1904
Düsseldorf, um 1900, Blick über das Schlachthofgelände, Architekten- und Ingenieurverein zu Düsseldorf: Düsseldorf und seine Bauten, Verlag L. Schwann, Düsseldorf 1904

Bild:Düsseldorf, 2016, Die Großviehhalle des Städtischen Schlachthofs beheimatet heute die Hochschulbibliothek und den Erinnerungsort, Hochschule Düsseldorf, Eric Fritsch
Düsseldorf, 2016, Die Großviehhalle des Städtischen Schlachthofs beheimatet heute die Hochschulbibliothek und den Erinnerungsort, Hochschule Düsseldorf, Eric Fritsch
Juden lebten in Düsseldorf bereits im Mittelalter, aber erst in der Neuzeit etablierte sich eine jüdische Gemeinde dauerhaft in der Stadt. Die Zahl der Juden in Düsseldorf war nie besonders hoch, aber die Gemeinde gehörte ab dem späten 19. Jahrhundert zu den liberalsten in Deutschland. Vor dem Ersten Weltkrieg waren etwa 3.000 der etwa 400.000 Einwohner der schnell wachsenden Stadt Juden. 1904 wurde die Große Synagoge in der Kasernenstraße eingeweiht, und zwischen 1907 und 1912 diente der berühmte Vordenker des liberalen Judentums Leo Baeck (1873–1956) als Rabbiner der Gemeinde.
Als die Nationalsozialisten 1933 an die Macht kamen, lebten etwa 5.000 Juden in Düsseldorf. Nach und nach wurden sie aus dem öffentlichen Leben herausgedrängt. Ab 1936 galten für sie die Nürnberger Rassegesetze. Während der Novemberpogrome 1938 verhafteten Nationalsozialisten und ihre Sympathisanten 141 Juden, plünderten jüdische Wohnungen und zerstörten die Große Synagoge, die bald darauf abgerissen wurde. Viele Juden emigrierten kurz darauf.
1941 begannen »Judendeportationen« aus dem Deutschen Reich in Ghettos und Vernichtungsstätten im besetzten Osten. Der erste Transport von etwa 1.000 Juden aus dem Regierungsbezirk Düsseldorf verließ die Stadt am 27. Oktober 1941 mit dem Ziel Ghetto Litzmannstadt (Lodz, polnisch: Łódź). Es folgten weitere sechs Transporte nach Minsk, Riga, Izbica und Theresienstadt (tschechisch: Terezín). Als Sammelstelle für die Deportationen diente jeweils die Großviehhalle des Städtischen Schlachthofs in unmittelbarer Nähe des Güterbahnhofs Düsseldorf-Derendorf. Vor ihrer Verschleppung wurden die Juden hier registriert und ihrer Habe beraubt. Die Opfer stammten aus dem gesamten Regierungsbezirk Düsseldorf, also auch aus Städten wie Essen, Mönchengladbach, Oberhausen oder Duisburg.
Bild:Düsseldorf, um 1900, Blick über das Schlachthofgelände, Architekten- und Ingenieurverein zu Düsseldorf: Düsseldorf und seine Bauten, Verlag L. Schwann, Düsseldorf 1904
Düsseldorf, um 1900, Blick über das Schlachthofgelände, Architekten- und Ingenieurverein zu Düsseldorf: Düsseldorf und seine Bauten, Verlag L. Schwann, Düsseldorf 1904

Bild:Düsseldorf, 2016, Die Großviehhalle des Städtischen Schlachthofs beheimatet heute die Hochschulbibliothek und den Erinnerungsort, Hochschule Düsseldorf, Eric Fritsch
Düsseldorf, 2016, Die Großviehhalle des Städtischen Schlachthofs beheimatet heute die Hochschulbibliothek und den Erinnerungsort, Hochschule Düsseldorf, Eric Fritsch
Bis zu 6.000 jüdische Kinder, Frauen und Männer aus dem gesamten Regierungsbezirk Düsseldorf verschleppten die nationalsozialistischen Behörden in insgesamt sieben Transporten in Ghettos und Vernichtungsstätten im besetzten Osteuropa. Alle Opfer durchliefen den Schlachthof in Düsseldorf-Derendorf, der als Sammelstelle diente. Nur wenige der Deportierten überlebten den Holocaust.
Bild:Düsseldorf, 2016, Blick in die Dauerausstellung: Gesichter und Geschichten, Hochschule Düsseldorf, Eric Fritsch
Düsseldorf, 2016, Blick in die Dauerausstellung: Gesichter und Geschichten, Hochschule Düsseldorf, Eric Fritsch

Bild:Düsseldorf, 2016, Digitales Archiv, Hochschule Düsseldorf, Eric Fritsch
Düsseldorf, 2016, Digitales Archiv, Hochschule Düsseldorf, Eric Fritsch
Der 1899 in Betrieb genommene städtische Schlachthof in Düsseldorf–Derendorf wurde bis 2002 genutzt. Danach verwaiste das Gelände. An die Deportationen erinnerte nur eine kleine Gedenktafel. Im Februar 2016 wurde der neue Campus der Hochschule Düsseldorf auf dem Gelände eröffnet. In der erhaltenen, denkmalgeschützten Großviehhalle befinden sich das Rechenzentrum und die Hochschulbibliothek. Im Eingangsbereich der Halle hat der Erinnerungsort Alter Schlachthof seinen Platz gefunden. Konzipiert und realisiert wurde der Erinnerungsort von Mitarbeitern und Studenten der Hochschule.
Die Dauerausstellung dokumentiert am historischen Ort die dort verübten Verbrechen. Lebens- und Familiengeschichten werden rekonstruiert. Im Digitalen Archiv werden neben vielen historischen Dokumenten biographische Informationen und Fotos von allen Verfolgten, aber auch von Tätern und Profiteuren, gesammelt und präsentiert. Auch der Umgang mit den wenigen Überlebenden des Holocaust und die Nachwirkungen des Nationalsozialismus werden thematisiert.
Die Ausstellung wird um ein historisch-politisches Bildungsprogramm ergänzt, das in Zusammenarbeit mit dem Forschungsschwerpunkt Rechtsextremismus/Neonazismus der Hochschule Düsseldorf entwickelt wurde. In Führungen, Workshops, Lesungen und Vorträgen werden die Geschichte des historischen Ortes und der Menschen aus der Region, die in die Ghettos und Vernichtungslager deportiert wurden, aber auch Gegenwartsfragen wie Rassismus, Antisemitismus, Rechtsextremismus, Ausgrenzung und Umgang mit Minderheiten thematisiert.
Bild:Düsseldorf, 2016, Informationspult am Erinnerungsort Alter Schlachthof, Realisierung: Eicher Werkstätten, Hochschule Düsseldorf, Eric Fritsch
Düsseldorf, 2016, Informationspult am Erinnerungsort Alter Schlachthof, Realisierung: Eicher Werkstätten, Hochschule Düsseldorf, Eric Fritsch

Bild:Düsseldorf, 2016, Gedenktafel aus den 1980er Jahren am Eingang zum Campus, Joachim Schröder
Düsseldorf, 2016, Gedenktafel aus den 1980er Jahren am Eingang zum Campus, Joachim Schröder
Name
Erinnerungsort Alter Schlachthof
Adresse
Münsterstraße 156
40476 Düsseldorf
Telefon
+49 (0)211 435 133 70
Web
http://www.erinnerungsort-duesseldorf.de
E-Mail
info@erinnerungsort-duesseldorf.de
Öffnungszeiten
Montag bis Freitag: 8.00 bis 20.00
Samstags: 11.00 bis 19.00
Sonntags und feiertags geschlossen
Angebot
Dauerausstellung, digitales Archiv, öffentliche Führungen, Workshops, Lesungen