• Kriegsgefangenenlager »Stalag IVB« Mühlberg/Elbe
Nahe der brandenburgischen Kleinstadt Mühlberg an der Elbe befand sich von 1939 bis 1945 ein Kriegsgefangenenlager der deutschen Wehrmacht.
Nach 1945 nutzten Organe der sowjetischen Besatzungsmacht das Lager als Spezial- und Internierungslager.
Heute erinnern Denkmäler an die tausenden Opfer beider Lager.
Bild:Mühlberg, o.D., Wachablösung vor dem Haupteingang zum »Stalag IVB«, Initiativgruppe Lager Mühlberg e.V.
Mühlberg, o.D., Wachablösung vor dem Haupteingang zum »Stalag IVB«, Initiativgruppe Lager Mühlberg e.V.

Bild:Neuburxdorf, 2004, Kriegsgefangenenfriedhof Neuburxdorf, Graham Johnson
Neuburxdorf, 2004, Kriegsgefangenenfriedhof Neuburxdorf, Graham Johnson
Im September 1939 begann eine Pioniereinheit der deutschen Wehrmacht auf der Neuburxdorfer Flur bei Mühlberg mit der Errichtung eines »Kriegsgefangenen-Mannschafts-Stammlagers« (M.-Stalag IVB).
Zu den ersten Kriegsgefangenen zählten ab Oktober 1939 Soldaten der polnischen Armee. Sie mussten im Winter 1939/1940 notdürftig in Zelten leben, da die Baracken noch nicht fertiggestellt waren. Ab Mai 1940 nahm das »Stalag IVB« französische, ein Jahr später serbische und sowjetische Kriegsgefangene auf. Ab 1943 wurden auch niederländische, italienische, belgische, britische und US-Soldaten in Mühlberg interniert.
Die Belegungsstärke des Lagers schwankte ständig, da die Wehrmacht die meisten Kriegsgefangenen in Arbeitskommandos einteilte und in Zweiglager verlegte. Arbeitsunfähige blieben dagegen im Lager. Das »Stalag IVB« entwickelte sich zu einem Durchgangs- und Registrierlager, da die Wehrmacht im Laufe des Zweiten Weltkrieges zehntausende Gefangene durch das Lager schleuste.
Am 1. Januar 1945 verzeichnet die Lagerstatistik 25.052 Kriegsgefangene für Mühlberg. Damit befanden sich hier mehr als doppelt so viel Kriegsgefangene als ursprünglich geplant. Die größte Gruppe bildeten zu diesem Zeitpunkt die sowjetischen Gefangenen. Diese unterlagen nicht dem Schutz der Genfer Konventionen. Besonders sie mussten unter menschenunwürdigen Bedingungen im Lager leben. Die hohe Sterblichkeitsrate unter ihnen geht auf diese Umstände zurück.
Nach der Befreiung am 23. April 1945 durch die Rote Armee wurde das Lager unter anderem für die Rückführung von »Ostarbeitern« und gefangen genommenen Angehörigen der »Wlassow-Armee« (russischer Freiwillige, die auf der deutschen Seite kämpften) genutzt. Im September 1945 übernahm die sowjetische Geheimpolizei NKWD das völlig heruntergekommene Lager, baute es aus und betrieb es bis 1948 als Speziallager Nr. 1. Über 21.000 Deutsche waren hier ohne Gerichtsurteil gefangen. Etwa 4.000 wurden in die Sowjetunion verschleppt, 6.700 starben im Lager.
Bild:Mühlberg, o.D., Wachablösung vor dem Haupteingang zum »Stalag IVB«, Initiativgruppe Lager Mühlberg e.V.
Mühlberg, o.D., Wachablösung vor dem Haupteingang zum »Stalag IVB«, Initiativgruppe Lager Mühlberg e.V.

Bild:Neuburxdorf, 2004, Kriegsgefangenenfriedhof Neuburxdorf, Graham Johnson
Neuburxdorf, 2004, Kriegsgefangenenfriedhof Neuburxdorf, Graham Johnson
Die Gesamtzahl der im »Stalag IVB« verstorbenen Kriegsgefangenen lässt sich mit annähernd 3.000 angeben.
Im sowjetischen Internierungs- und Speziallager nach 1945 starben etwa 6.700 Menschen. Der NKWD ließ ihre Leichen außerhalb des Lagers in Massengräbern verscharren.
Bild:Neuburxdorf, o.D., Kriegsgefangenenfriedhof, Initiativgruppe Lager Mühlberg e.V.
Neuburxdorf, o.D., Kriegsgefangenenfriedhof, Initiativgruppe Lager Mühlberg e.V.

Bild:Mühlberg, 2004, Gedenkstein beim Eingang zum ehemaligen Lagergelände, Graham Johnson
Mühlberg, 2004, Gedenkstein beim Eingang zum ehemaligen Lagergelände, Graham Johnson
Bereits am 5. November 1944, während das »Stalag IVB« noch bestand, wurde ein von den deutschen Militärbehörden genehmigtes Denkmal auf dem Kriegsgefangenenfriedhof Neuburxdorf eingeweiht. Französische Kriegsgefangene wollten auf diese Weise an ihre verstorbenen Kameraden und an ihre Zeit in Gefangenschaft erinnern. Seit Kriegsende gilt es als Ehrenmal für alle im »Stalag IVB« verstorbenen Gefangenen.
Auf dem ehemaligen Lagergelände in Mühlberg wurde 2004 mit Unterstützung des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. eine bereits bestehende Gedenkanlage erneuert. Sie erinnert an die Opfer des Speziallagers Nr. 1 des NKWD.
Im Stadtmuseum Mühlberg können sich Besucher in einer Ausstellung zur Geschichte des Lagers von 1939 bis 1948 informieren.
1991 entstand die »Initiativgruppe Lager Mühlberg e.V.«, die sich durch Spenden und Fördermittel finanziert. Der Verein hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Namen aller Inhaftierten zu erfassen und über deren Schicksale Auskunft zu geben. In Zusammenarbeit mit der Gemeinde Mühlberg ist sie verantwortlich für die Pflege des ehemaligen Lagergeländes und der Gedenkanlagen.
Bild:Neuburxdorf, 2004, Das 1944 von französischen Kriegsgefangenen errichtete Denkmal auf dem Kriegsgefangenenfriedhof, Graham Johnson
Neuburxdorf, 2004, Das 1944 von französischen Kriegsgefangenen errichtete Denkmal auf dem Kriegsgefangenenfriedhof, Graham Johnson

Bild:Mühlberg, 2004, Informationstafel auf dem ehemaligen Lagergelände, Graham Johnson
Mühlberg, 2004, Informationstafel auf dem ehemaligen Lagergelände, Graham Johnson
Name
Kriegsgefangenenlager »Stalag IVB« Mühlberg/Elbe
Telefon
+49 (0)35342 837 000 (Museum Mühlberg)
Web
http://www.lager-muehlberg.de/
E-Mail
infolager-muehlberg.de museum-muehlberg1547@lkee.de (Museum Mühlberg)
Öffnungszeiten
Das ehemalige Lagergelände ist jederzeit zugänglich.
Angebot
Lehr- und Gedenkpfad auf dem ehemaligen Lagergelände, Organisation von Informationsveranstaltungen und Lesungen in Schulen, Museen, Bibliotheken der Region, Projektarbeit mit Schülern, Sammlung und Archivierung von Erinnerungsstücken und Texten Überlebender