• Erinnerung an die ermordeten Juden von Stanislau (Iwano-Frankiwsk)
In der westukrainischen Stadt Iwano-Frankiwsk (vor 1962 Stanislaw, polnisch: Stanisławów, deutsch: Stanislau) erinnern mehrere Gedenksteine auf dem jüdischen Friedhof an die Juden, die hier zwischen 1941 und 1943 während der deutschen Besatzung ermordet wurden.
Bild:Stanislau, um 1900, Israelitischer Tempel, Tomasz Wiśniewski
Stanislau, um 1900, Israelitischer Tempel, Tomasz Wiśniewski

Bild:Stanislau, 2013, Der nur noch teilweise als Synagoge benutzte Tempel heute, Christian Herrmann
Stanislau, 2013, Der nur noch teilweise als Synagoge benutzte Tempel heute, Christian Herrmann
Stanislau (polnisch: Stanisławów) liegt in der historischen Region Galizien, bis zum Ende des Ersten Weltkriegs gehörte die Stadt zu Österreich-Ungarn. In der Zwischenkriegszeit lag Stanislau in Polen. 1931 waren von den etwa 72.000 Einwohnern der Stadt 25.000 Juden. Mit dem Beginn des Zweiten Weltkriegs besetzte die Sowjetunion – wie im Hitler-Stalin-Pakt vereinbart – Ostpolen. Auch Stanislau wurde der UdSSR angegliedert. Viele Juden aus den deutsch besetzten Gebieten Polens flohen nach Stanislau. Als die deutsche Wehrmacht im Juni 1941 die Sowjetunion angriff, besetzten am 2. Juli 1941 mit den Deutschen verbündete ungarische Truppen die Stadt. Aus dem angrenzenden Gebiet Transkarpatien (auch: Karpatenukraine) vertrieben ungarische Behörden im Sommer 1941 Tausende Juden nach Galizien, viele von ihnen kamen nach Stanislau. Ende Juli 1941 hielten sich insgesamt etwa 40.000 Juden in der Stadt auf, als die deutsche Wehrmacht die Verwaltung übernahm. Zu diesem Zeitpunkt begann der SS-Kommandeur der Sicherheitspolizei Hans Krüger mit den Planungen für die Ermordung von Zehntausenden Juden in Stanislau. Am Morgen des 12. Oktober 1941 mussten sich etwa 20.000 Juden an verschiedenen Plätzen sammeln, von dort aus trieben sie Polizisten und ukrainische Hilfspolizisten zum jüdischen Friedhof. An zwei vorbereiteten Gruben mussten sich die Juden in Kolonnen von 200 aufstellen und wurden nach und nach von SS-Männern, darunter Krüger selbst, erschossen. Mit Einbruch der Dunkelheit brach Krüger die »Aktion« ab, etwa 10.000 Juden waren tot, 10.000 Überlebende kehrten nach Stanislau zurück. Im Dezember 1941 mussten alle etwa 30.000 Juden in ein Ghetto umziehen. Immer erschoss die SS in Stanislau Juden, auch aus der Umgebung der Stadt. Im Frühjahr und Herbst 1942 verschleppten SS und ukrainische Polizisten jeweils 5.000 Juden aus dem Ghetto Stanislau in das Vernichtungslager Belzec. Alle übrigen Juden wurden im Januar 1943, als die SS das Ghetto auflöste, erschossen.
Bild:Stanislau, um 1900, Israelitischer Tempel, Tomasz Wiśniewski
Stanislau, um 1900, Israelitischer Tempel, Tomasz Wiśniewski

Bild:Stanislau, 2013, Der nur noch teilweise als Synagoge benutzte Tempel heute, Christian Herrmann
Stanislau, 2013, Der nur noch teilweise als Synagoge benutzte Tempel heute, Christian Herrmann
Insgesamt kamen in Stanislau bis zu 40.000 Juden ums Leben. Die SS erschoss die jüdischen Männer, Frauen und Kinder auf dem jüdischen Friedhof von Stanislau. Etwa 10.000 Juden wurden von Stanislau nach Belzec verschleppt und dort ermordet.
Bild:Stanislau, um 1941, Jüdische Zwangsarbeiter vor dem Rathaus, Yad Vashem
Stanislau, um 1941, Jüdische Zwangsarbeiter vor dem Rathaus, Yad Vashem

Bild:Stanislau, 2013, Denkmal für die ermordeten Juden aus dem benachbarten Bohorodschany, Christian Herrmann
Stanislau, 2013, Denkmal für die ermordeten Juden aus dem benachbarten Bohorodschany, Christian Herrmann
Auf dem jüdischen Friedhof befinden sich immer noch die Massengräber der ermordeten Juden von Stanislau. Nach und nach wurden hier mehrere Denkmäler errichtet. Ein erstes Denkmal stammt aus den 1960er Jahren. Typisch für Holocaustdenkmäler aus der Sowjetzeit erinnert das Denkmal nicht an Juden, sondern an »friedliche Sowjetbürger«. Erst in den 1990er Jahren wurde ein Gedenkstein errichtet, der laut Inschrift 120.000 Juden gedenkt, die Opfer des Holocaust wurden. Auf dem jüdischen Friedhof sind ebenfalls viele von Privatpersonen errichtete Gedenksteine zu finden.
Vor 1961 gab es außerdem den alten jüdischen Friedhof in Stanislau, bis die sowjetische Stadtverwaltung das Gelände planieren und an seiner Stelle ein Kino errichten ließ.
In der Stadt lebt nur noch eine kleine jüdische Gemeinde. Nach dem Zerfall der Sowjetunion bekam sie das Gebäude ihrer großen Synagoge, den gegen Ende des 19. Jahrhunderts erbauten Tempel, zurück. Für ihre eigenen Zwecke nutzt sie jedoch nur einen kleinen Teil davon, der Rest wird an Geschäfte vermietet.
Bild:Stanislau, 2013, Holocaustdenkmal auf dem jüdischen Friedhof, Christian Herrmann
Stanislau, 2013, Holocaustdenkmal auf dem jüdischen Friedhof, Christian Herrmann

Bild:Stanislau, 2013, Gedenkanlage auf dem jüdischen Friedhof, Christian Herrmann
Stanislau, 2013, Gedenkanlage auf dem jüdischen Friedhof, Christian Herrmann
Name
Pamjatnyk golokosta na jewrejskom kladowyschtsche
Adresse
prov. Matrosovoi
76010 Stanislawiw/Iwano-Frankiwsk
Öffnungszeiten
Die Denkmäler sind jederzeit zugänglich.