• Denkmal zur Erinnerung an die Bücherverbrennung
Auf dem heutigen Bebelplatz in Berlin-Mitte veranstalteten nationalsozialistische Studenten am 10. Mai 1933 eine rituelle Bücherverbrennung. Seit 1995 erinnert an diesem Ort das Denkmal »Bibliothek« an die unheilverkündende Aktion.
Bild:Berlin, 1933, Studenten bei der Bücherverbrennung am Opernplatz, Bundesarchiv, Bild 102-14598, k.A.
Berlin, 1933, Studenten bei der Bücherverbrennung am Opernplatz, Bundesarchiv, Bild 102-14598, k.A.

Bild:Berlin, 2006, Denkmal zur Erinnerung an die Bücherverbrennung - bei Nacht aufgenommen, Stiftung Denkmal
Berlin, 2006, Denkmal zur Erinnerung an die Bücherverbrennung - bei Nacht aufgenommen, Stiftung Denkmal
Organisiert wurde die Bücherverbrennung von der Deutschen Studentenschaft (DSt), einer Vereinigung der Studentenausschüsse aller deutschen Hochschulen. Ab 1931 wurde die DSt zunehmend vom Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund (NSDStB) und von der NSDAP beeinflusst. Die Bücherverbrennung am 10. Mai 1933 bildete den Höhepunkt der bereits am 12. April 1933 beginnenden »Aktion wider den undeutschen Geist«. In dem Aktionsmonat betrieb die DSt intensive Propaganda. In Flugblättern und Zeitschriften prangerten die Studenten den »jüdischen Zersetzungsgeist« an, der im deutschen Schrifttum Niederschlag gefunden habe. Alle Studenten waren dazu aufgerufen, »untaugliche« Hochschullehrer sowie Kommilitonen zu denunzieren und Universitäts- und Institutsbibliotheken, aber auch ihre eigenen Buchbestände von der angeprangerten Literatur zu säubern. Der Höhepunkt und gleichzeitig der Abschluß der Aktion, die Bücherverbrennung, fand zeitgleich in 21 weiteren Universitätsstädten in Deutschland statt. In Berlin formierte sich am Abend ein Fackelzug, der vom Studentenhaus in der Oranienburger Straße zum Opernplatz zog, auf dessen Mitte ein großer Holzstoß errichtet worden war. Die Rede des Ministers für Volksaufklärung und Propaganda, Joseph Goebbels, heizte die Stimmung auf dem Opernplatz zusätzlich auf. Bei den in allen Städten ähnlich inszenierten Veranstaltungen warfen Studenten nach dem Aufsagen eines »Feuerspruchs« mit dem jeweiligen Autorennamen die Bücher ins Feuer. Verbrannt wurden Werke von Karl Marx, Sigmund Freud, Heinrich Mann, Erich Maria Remarque, Kurt Tucholsky, Anna Seghers, Alfred Döblin, Heinrich Heine und von zahlreichen weiteren Autoren. Im Börsenblatt des deutschen Buchhandels erschien nach dem Ereignis eine Auflistung mit insgesamt 131 Autoren, deren Werke aus Bibliotheken und Buchhandlungen entfernt werden mussten. Die meisten Werke blieben bis zum Zusammenbruch des Nationalsozialismus verboten.
Bild:Berlin, 1933, Studenten bei der Bücherverbrennung am Opernplatz, Bundesarchiv, Bild 102-14598, k.A.
Berlin, 1933, Studenten bei der Bücherverbrennung am Opernplatz, Bundesarchiv, Bild 102-14598, k.A.

Bild:Berlin, 2006, Denkmal zur Erinnerung an die Bücherverbrennung - bei Nacht aufgenommen, Stiftung Denkmal
Berlin, 2006, Denkmal zur Erinnerung an die Bücherverbrennung - bei Nacht aufgenommen, Stiftung Denkmal
Viele der im Deutschen Reich lebenden Dichter und Schriftsteller sahen sich nach den öffentlichen Verbrennungen ihrer Werke am 10. Mai 1933 gezwungen ins Ausland zu emigrieren. Mehrere von ihnen begingen aufgrund der aussichtslosen Situation, in der sie sich sahen, Selbstmord. Viele Schriftsteller, die nicht emigriert waren, wurden von SS und Gestapo verfolgt, ermordet oder setzten ihrem Leben ebenfalls selbst ein Ende: Erich Mühsam wurde beispielsweise von SS-Leuten 1934 im KZ Oranienburg ermordet. Die jüdische Schriftstellerin Gertrud Kolmar wurde 1943 nach Auschwitz deportiert, nachdem sie viele Jahre in Berlin Zwangsarbeit geleistet hatte. Der Publizist und Friedensnobelpreisträger Carl von Ossietzky starb 1938 in einem Berliner Krankenhaus an den Folgen seiner langjährigen Haft im KZ Esterwegen. Walter Benjamin, Ernst Toller, Stefan Zweig, Kurt Tucholsky, Egon Friedell und andere wählten den Freitod.
Bild:O.O., zwischen 1933 und 1936, Der Publizist Carl von Ossietzky als Häftling, Bundesarchiv, Bild 183-93516-0010, k.A.
O.O., zwischen 1933 und 1936, Der Publizist Carl von Ossietzky als Häftling, Bundesarchiv, Bild 183-93516-0010, k.A.

Bild:Berlin, 2008, Denkmal mit dem Hauptgebäude der Humboldt-Universität im Hintergrund, Stiftung Denkmal, Anne Bobzin
Berlin, 2008, Denkmal mit dem Hauptgebäude der Humboldt-Universität im Hintergrund, Stiftung Denkmal, Anne Bobzin
Das Denkmal auf dem heutigen Bebelplatz zwischen Staatsoper, St. Hedwigs-Kathedrale und der »Kommode«, dem Gebäude der Juristischen Fakultät der Humboldt-Universität, heißt »Bibliothek«. Es stammt von dem israelischen Künstler Micha Ullman. Die Initiative, ein Denkmal zur Erinnerung an die Bücherverbrennung zu errichten, ergriff bald nach der Wiedervereinigung der Berliner Senat. Die Einweihung von Ullmans »Bibliothek« fand 1995 statt.
Das Denkmal besteht aus einem zwei Mal zwei Meter großen Hohlraum unter dem Bebelplatz, er ist durch eine Glasplatte abgedeckt. Der Innenraum ist weiß gestrichen, an den Wänden symbolisieren leere Bücherregale den kulturellen Verlust, der durch die nationalsozialistische Diktatur entstanden ist.
Bild:Berlin, 2008, Besucher am Denkmal, Stiftung Denkmal, Anne Bobzin
Berlin, 2008, Besucher am Denkmal, Stiftung Denkmal, Anne Bobzin

Bild:Berlin, 2006, Leere Bücherregale, Stiftung Denkmal
Berlin, 2006, Leere Bücherregale, Stiftung Denkmal
Name
Denkmal zur Erinnerung an die Bücherverbrennung
Adresse
Bebelplatz
10117 Berlin
Öffnungszeiten
Jederzeit zugänglich