• Jüdischer Friedhof Weißensee
Der Jüdische Friedhof in Berlin-Weißensee ist der größte jüdische Friedhof Europas. Viele berühmte Ärzte, Schriftsteller, Wissenschaftler sind hier begraben. Auf dem Gelände befinden sich mehrere Gedenksteine, die an die Opfer des Holocausts erinnern.
Bild:Berlin-Weißensee, Oktober 1945, Gedenkfeier für die jüdischen Opfer des Faschismus, SLUB/Deutsche Fotothek, Abraham Pisarek
Berlin-Weißensee, Oktober 1945, Gedenkfeier für die jüdischen Opfer des Faschismus, SLUB/Deutsche Fotothek, Abraham Pisarek

Bild:Berlin-Weißensee, 2010, Gedenkstein am Eingang des Friedhofs, Stiftung Denkmal
Berlin-Weißensee, 2010, Gedenkstein am Eingang des Friedhofs, Stiftung Denkmal
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wuchs die Jüdische Gemeinde von Berlin kontinuierlich, so dass sie bald einen neuen, größeren Friedhof benötigte. Sie erwarb ein über vierzig Hektar großes Grundstück in Weißensee, damals außerhalb der Stadt, nordöstlich von Berlin gelegen. Ab 1880 konnten Berliner Juden ihre Angehörigen auch hier bestatten lassen. Die Gräber des Friedhofs spiegeln die soziale Entwicklung Berlins zu dieser Zeit wider. Viele wohlhabende Berliner Juden bevorzugten prunkvolle Erb- und Familiengräber. Für jüdische Friedhöfe ungewöhnlich, orientierten sie sich ab dem ausgehenden 19. Jahrhundert immer häufiger an den pompösen Grabgestaltungen der Wilhelminischen Ära. Die übliche Schlichtheit jüdischer Grabstätten findet sich dagegen in den Teilen des Friedhofs wieder, in dem die Angehörigen der Mittelschicht ihre Toten bestatteten. Um die hohe Zahl der Bestattungen bewältigen zu können wurde 1910 eine zweite Trauerhalle gebaut. Ab 1914 legte die Jüdische Gemeinde einen Ehrenhain für die im Ersten Weltkrieg gefallenen jüdischen Soldaten an.
Nach 1933 ließen sich viele junge Juden, die ihre Auswanderung nach Palästina planten, in der friedhofseigenen Gärtnerei zu Landwirten oder Gärtnern umschulen, um in ihrer neuen Heimat leichter Fuß fassen zu können. Einige Juden fanden auf dem riesigen, unübersichtlichen Areal aber auch Zuflucht vor den Zugriffen der Gestapo. Ein oft genutztes Versteck boten dabei die großangelegten Familiengruften.
1944 zerstörten Bomben hunderte Gräber und die zweite Trauerhalle. Dabei wurde ein Teil der darin versteckten 500 Thorarollen beschädigt. Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges war der Friedhof neben einem Krankenhaus die einzige jüdische Einrichtung in Berlin, die noch offiziell im Betrieb war.
Bild:Berlin-Weißensee, Oktober 1945, Gedenkfeier für die jüdischen Opfer des Faschismus, SLUB/Deutsche Fotothek, Abraham Pisarek
Berlin-Weißensee, Oktober 1945, Gedenkfeier für die jüdischen Opfer des Faschismus, SLUB/Deutsche Fotothek, Abraham Pisarek

Bild:Berlin-Weißensee, 2010, Gedenkstein am Eingang des Friedhofs, Stiftung Denkmal
Berlin-Weißensee, 2010, Gedenkstein am Eingang des Friedhofs, Stiftung Denkmal
Mit Beginn der Deportationen aus Berlin stieg die Zahl von Juden, die den Freitod wählten, rapide an. Laut der Friedhofsstatistik wurden zwischen 1941 und 1945 etwa 1.900 Menschen, die Selbstmord begingen, in Weißensee bestattet.
Auf dem Jüdischen Friedhof Weißensee befindet sich das Grab des jüdisch-kommunistischen Widerstandskämpfers Herbert Baum. Er wurde 1942 von der Gestapo gefasst und schwer misshandelt. Die genauen Umstände seines Todes sind bis heute ungeklärt. In der Folgezeit verhaftete und ermordete die Gestapo 27 weitere Mitglieder der Herbert-Baum-Gruppe.
Bild:o.O., o.D., Herbert Baum, SAPMO-BArch, Bild Y 10 - 7364
o.O., o.D., Herbert Baum, SAPMO-BArch, Bild Y 10 - 7364

Bild:Berlin-Weißensee, 2010, Das Grab Herbert Baums, Stiftung Denkmal
Berlin-Weißensee, 2010, Das Grab Herbert Baums, Stiftung Denkmal
Die Friedhofsanlage mit der Trauerhalle im Eingangsbereich im Stil der Neorenaissance wurde vom Architekten Hugo Licht entworfen. Das Besondere an der Anlage ist die streng geometrische Aufteilung in einzelne Felder in Form von Rechtecken, Trapezen und Dreiecken.
Der erste öffentliche jüdische Gottesdienst in Berlin nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges fand am 11. Mai 1945 hier statt. In den 1980er Jahren wurde der Friedhof zum nationalen Kulturdenkmal der DDR erklärt. Erst ab dieser Zeit wurden Anstrengungen unternommen, um den voranschreitenden Verfall des Friedhofs aufzuhalten.
In der Nähe des Eingangs steht ein Gedenkstein für die im Holocaust ermordeten Juden. Auf Steinen, die kreisförmig um das Denkmal angeordnet wurden, befinden sich die Namen der großen Konzentrationslager. Am Grab von Herbert Baum wird wiederum an die ermordeten Mitglieder seiner Widerstandsgruppe erinnert. Ein ehemaliges Urnenfeld ließ die Jüdische Gemeinde wiederherstellen und darin 1992 die Asche von in verschiedenen Konzentrationslagern ermordeten Juden bestatten. In einem weiteren Grab befinden sich die bei dem Bombenangriff beschädigten Thorarollen, die nach jüdischem Ritus bestattet wurden.
Das Friedhofsarchiv, das zahlreiche Dokumente von unschätzbarem Wert aufbewahrt, hat die Zeit des Nationalsozialismus unbeschadet überstanden. Es wird heute von der Stiftung »Neue Synagoge - Centrum Judaicum« verwaltet.
Derzeit versucht das Land Berlin zusammen mit der Jüdischen Gemeinde eine Aufnahme des Friedhofs in die UNESCO-Welterbeliste zu erreichen.
Bild:Berlin-Weißensee, 2010, Gedenkstein am Eingang des Friedhofs, Stiftung Denkmal
Berlin-Weißensee, 2010, Gedenkstein am Eingang des Friedhofs, Stiftung Denkmal

Bild:Berlin-Weißensee, 2019, Gedenktafel bei dem Urnenfeld mit Asche ermordeter Juden aus verschiedenen Konzentrationslagern, Stiftung Denkmal
Berlin-Weißensee, 2019, Gedenktafel bei dem Urnenfeld mit Asche ermordeter Juden aus verschiedenen Konzentrationslagern, Stiftung Denkmal
Bild:Berlin-Weißensee, 2010, Gräber von jüdischen Gefallenen des Ersten Weltkrieges, Stiftung Denkmal
Berlin-Weißensee, 2010, Gräber von jüdischen Gefallenen des Ersten Weltkrieges, Stiftung Denkmal
Bild:Berlin-Weißensee, 2010, Gedenkstein für Partisanen und Soldaten der Roten Armee, Stiftung Denkmal
Berlin-Weißensee, 2010, Gedenkstein für Partisanen und Soldaten der Roten Armee, Stiftung Denkmal
Bild:Berlin-Weißensee, 2010, Auf dem Jüdischen Friedhof, Stiftung Denkmal
Berlin-Weißensee, 2010, Auf dem Jüdischen Friedhof, Stiftung Denkmal
Bild:Berlin-Weißensee, 2010, Familiengruft, Stiftung Denkmal
Berlin-Weißensee, 2010, Familiengruft, Stiftung Denkmal
Bild:Berlin-Weißensee, 2010, Familiengruft auf dem Friedhof, Stiftung Denkmal
Berlin-Weißensee, 2010, Familiengruft auf dem Friedhof, Stiftung Denkmal
Bild:Berlin-Weißensee, 2019, Urnenfeld mit Asche ermordeter Juden aus verschiedenen Konzentrationslagern, Stiftung Denkmal
Berlin-Weißensee, 2019, Urnenfeld mit Asche ermordeter Juden aus verschiedenen Konzentrationslagern, Stiftung Denkmal
Name
Jüdischer Friedhof Weißensee
Adresse
Herbert-Baum-Straße 45/Markus-Reich-Platz 1
13088 Berlin
Telefon
+49(0) 30 925 3330
Fax
+49(0) 30 923 762 96
Web
http://www.jewish-cemetery-weissensee.org
E-Mail
info@jewish-cemetery-weissensee.org
Öffnungszeiten
April bis September sonntags bis donnerstags 08.00 bis 17.00, freitags 08.00 bis 15.00
Oktober bis März sonntags bis donnerstags 08.00 bis 16.00, freitags 08.00 bis 15.00