• Erinnerung an die ermordeten Juden von Krottingen
In Krottingen (litauisch: Kretinga) erinnern mehrere Gedenksteine an die im Sommer 1941 ermordeten Juden der Stadt. Die jüdische Gemeinde von Krottingen war eine der ersten, die im Holocaust vollständig ermordet wurden.
Bild:Krottingen, vor 1914, Ansichtskarte von »Russisch-Crottingen«, gemeinfrei
Krottingen, vor 1914, Ansichtskarte von »Russisch-Crottingen«, gemeinfrei

Bild:Krottingen, 2011, Auf dem jüdischen Friedhof, Vilma Norvaišienė
Krottingen, 2011, Auf dem jüdischen Friedhof, Vilma Norvaišienė
Vor dem Ersten Weltkrieg war Litauen Teil des Russischen Zarenreichs. In dieser Zeit lag die Stadt Krottingen (litauisch: Kretinga) unmittelbar an der Grenze zur deutschen Provinz Ostpreußen. 1918 erlangte Litauen seine Unabhängigkeit. 1923 besetzte Litauen das Memelland, einen Landstrich, dessen Hauptstadt die von Krottingen etwa 25 Kilometer entfernte Hafenstadt Memel (litauisch: Klaipėda) war.
Zwischen den beiden Weltkriegen verdoppelte sich die Einwohnerzahl Krottingens auf etwa 5.300 im Jahr 1939. In der Stadt lebten auch etwa 700 Juden, die während der 1930er Jahre immer öfter antisemitischen Anfeindungen ausgesetzt waren.
Im März 1939 kam das Memelland nach einem deutschen Ultimatum wieder zur Provinz Ostpreußen. Viele Juden aus dem Memelland flohen daraufhin vor den Nationalsozialistien über die neue Grenze nach Litauen, darunter auch etwa 300 nach Krottingen.
1940 wurde Litauen von der Sowjetunion annektiert. Ein Jahr später, am 22. Juni 1941, griff die deutsche Wehrmacht die Sowjetunion an und besetzte Krottingen gleich in den ersten Tagen des Feldzuges. Am 26. Juni 1941 ermordeten Gestapoangehörige und Polizisten des »Einsatzkommandos Tilsit« zusammen mit litauischen Polizisten 214 jüdische Männer aus Krottingen in einem Wald wenige Kilometer westlich der Stadt. Dieses Massaker war eins der ersten Massenerschießungen von Juden nach dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion überhaupt. Während der kommenden Wochen und Monaten ermordeten deutsche und litauische Einheiten immer wieder jüdische Kinder, Frauen und Männer aus Krottingen, unter anderem auf dem jüdischen Friedhof. Ende August 1941 lebten in Krottingen keine Juden mehr.
Bild:Krottingen, vor 1914, Ansichtskarte von »Russisch-Crottingen«, gemeinfrei
Krottingen, vor 1914, Ansichtskarte von »Russisch-Crottingen«, gemeinfrei

Bild:Krottingen, 2011, Auf dem jüdischen Friedhof, Vilma Norvaišienė
Krottingen, 2011, Auf dem jüdischen Friedhof, Vilma Norvaišienė
Deutsche und litauische Einheiten ermordeten etwa 1.050 jüdische Kinder, Frauen und Männer im Sommer 1941 in und um Krottingen.
Bild:Krottingen, o.D., Die 1941 zerstörte Synagoge, gemeinfrei
Krottingen, o.D., Die 1941 zerstörte Synagoge, gemeinfrei

Bild:Krottingen, 2011, Jüdischer Friedhof, Vilma Norvaišienė
Krottingen, 2011, Jüdischer Friedhof, Vilma Norvaišienė
Nach dem Zweiten Weltkrieg gehörte Litauen erneut zur Sowjetunion. Kurz nach dem Ende der deutschen Besatzung untersuchte eine sowjetische Sonderkommission die Verbrechen und trug die Namen der ermordeten Juden Krottingens zusammen.
Der Mord an den Juden Krottingens war Gegenstand mehrerer Gerichtsverfahren, die in den späten 1950er und den frühen 1960er Jahren in der Bundesrepublik gegen Angehörige des »Einsatzkommandos Tilsit« und der »Einsatzgruppe A« geführt wurden. Die meisten der angeklagten Männer wurden lediglich zu wenigen Jahren Haft verurteilt.
Erst nach dem Ende der Sowjetunion wurden Denkmäler an den historischen Orten aufgestellt, an denen die Juden Krottingens ermordet wurden. Im Wald von Kveciai etwa drei Kilometer westlich von Krottingen steht ein steinerner Kubus an der Stelle der Massenerschießungen. Die Inschrift in hebräischer und litauischer Sprache lautet: »An dieser Stelle wurden 1941 700 Juden ermordet.«
Der jüdische Friedhof von Krottingen ist teilweise erhalten. Auch hier wurde in den 1990er Jahren ein kleiner Gedenkstein aufgestellt, der an die hier ermordeten 356 Juden erinnert.
Bild:Wald von Kveciai, 2010, Denkmal am Ort der Massenerschießungen von 1941, Vilma Norvaišienė
Wald von Kveciai, 2010, Denkmal am Ort der Massenerschießungen von 1941, Vilma Norvaišienė

Bild:Wald von Kveciai, 2010, Inschrift auf dem Denkmal, Vilma Norvaišienė
Wald von Kveciai, 2010, Inschrift auf dem Denkmal, Vilma Norvaišienė
Name
Žydų žudynių ir užkasimo vieta
Adresse
Mėguvos g. 37
97155 Kretinga
Öffnungszeiten
Die Denkmäler sind jederzeit zugänglich.