• Erinnerung an die ermordeten Juden von Slawuta
In Slawuta erinnern mehrere Denkmäler und Gedenktafeln auf dem »Platz der Erinnerung« und dem »Feld der Erinnerung« an die ermordeten Juden des Ghettos und die toten Kriegsgefangenen des »Großlazaretts 301«.
Bild:Slawuta, um 1900, Alter Marktplatz, gemeinfrei
Slawuta, um 1900, Alter Marktplatz, gemeinfrei

Bild:Slawuta, 2013, Denkmal für die ermordeten Juden des Ghettos auf dem »Feld der Erinnerung«, Jewgennij Schnajder
Slawuta, 2013, Denkmal für die ermordeten Juden des Ghettos auf dem »Feld der Erinnerung«, Jewgennij Schnajder
Slawuta (polnisch: Sławuta), in der historischen Region Wolhynien am Ufer des Horyn gelegen, wurde 1633 gegründet. Die Stadt gehörte nach der zweiten Teilung Polens 1793 zum Russischen Zarenreich. Eine Synagoge gab es spätestens im Jahr 1731. Im 19. Jahrhundert trugen die jüdischen Einwohner wesentlich zur wirtschaftlichen Entwicklung der Stadt bei. Anfang des 20. Jahrhunderts gab es mehrere antijüdische Ausschreitungen in der Stadt, bei der Juden ums Leben kamen.
Am Vorabend des Zweiten Weltkrieges lebten etwa 5.100 Juden in der Stadt, was ungefähr 34 Prozent der Einwohner entsprach. Die deutsche Wehrmacht besetzte die Stadt am 7. Juli 1941. Die ersten antijüdischen »Aktionen« führten Mitglieder des Polizeibataillons Süd am 15. August und 3. September 1941 durch und ermordeten dabei mehr als 1.000 Juden. Anfang März 1942 richteten die Deutschen in Slawuta ein umzäuntes Ghetto ein, in dem sie auch Juden aus umliegenden Ortschaften zusammenpferchten. Etwa 5.000 Juden lebten anfangs unter katastrophalen Bedingungen dort. Viele starben an Hunger und Krankheiten oder wurden erschossen. Einige Juden wurden zur Zwangsarbeit an anderen Orten getrieben, wo die meisten ebenfalls umkamen.
Am 25. Juni 1942 ermordeten Einheiten des SD fast alle Bewohner des Ghettos. Sie wurden dabei von Mitgliedern der deutschen Gendarmerie und der ukrainischen Schutzpolizei unterstützt. Nur wenige jüdische Fachkräfte wurden zunächst am Leben gelassen. Im September 1942 erschossen die Deutschen alle verbliebenen Juden und verscharrten ihre Leichen auf einem Feld südöstlich der Stadt. An derselben Stelle wurden auch tausende Kriegsgefangene begraben, die im örtlichen Kriegsgefangenenlager mit dem Decknamen »Großlazarett 301« wegen fehlender medizinischer Versorgung oder an Hunger starben. Nur wenige konnten dank der medizinischen Hilfe einer Widerstandsgruppe gerettet werden.
Bild:Slawuta, um 1900, Alter Marktplatz, gemeinfrei
Slawuta, um 1900, Alter Marktplatz, gemeinfrei

Bild:Slawuta, 2013, Denkmal für die ermordeten Juden des Ghettos auf dem »Feld der Erinnerung«, Jewgennij Schnajder
Slawuta, 2013, Denkmal für die ermordeten Juden des Ghettos auf dem »Feld der Erinnerung«, Jewgennij Schnajder
Ende Juli 1941 befand sich die motorisierte 1. SS-Infanterie-Brigade im Gebiet Slavuta. Ihre Mitglieder erschossen Dutzende Juden unter dem Vorwand, sie hätten den »Bolschewismus« unterstützt.
Vom 15. August bis 3. September 1941 befand sich eine Einheit des 45. Polizeibataillons Süd unter Leitung von SS-Obersturmführer Engelbert Kreuzer in Slawuta. Sie war für die Durchführung zweier »Aktionen« verantwortlich: Am 18. August 1941 erschossen ihre Mitglieder 322 Juden und am 30. August 1941 911 Juden.
Während der größten »Aktion« am 25. Juni 1942, erschossen Einheiten des SD insgesamt etwa 5.000 Juden aus dem Ghetto, die meisten in der Nähe des Wasserturms im Südosten der Stadt. Laut Augenzeugenberichten wurden 300 jüdische Kinder ermordet, indem sie im Ghetto in ein Brunnen geworfen wurden.
Im »Großlazarett 301« kamen etwa 15.000 Kriegsgefangene aufgrund von Hunger und Krankheiten um. Unter ihnen waren auch Juden.
Bild:Slawuta, 2017, Massenerschießungsort beim »Großlazarett 301«, Christian Herrmann
Slawuta, 2017, Massenerschießungsort beim »Großlazarett 301«, Christian Herrmann

Bild:Slawuta, 2017, Denkmal für die 300 ermordeten Kinder, Christian Herrmann
Slawuta, 2017, Denkmal für die 300 ermordeten Kinder, Christian Herrmann
Am 15. Januar 1944 eroberten sowjetische Partisanen gemeinsam mit einer Einheit der Roten Armee die Stadt zurück.
Nach dem Krieg kehrten viele Juden nach Slawuta zurück, 1945 waren etwa ein Viertel der 8.000 Einwohner der Stadt Juden. Eine neue jüdische Gemeinde entstand. Ihre über zweihundert Jahre alte Synagoge hatte den Krieg überstanden und blieb über die gesamte Sowjetzeit geöffnet. 1979 lebten nur noch etwa 1.300 Juden in der Stadt, die Zahl sank in den folgenden Jahren weiter. Die jüdische Gemeinde ist dennoch bis heute aktiv und betreibt unter anderem eine Sonntagsschule mit Hebräischunterricht.
Bereits in den Jahren vor dem Zusammenbruch der Sowjetunion wurde das erste Denkmal in Erinnerung an die ermordeten Kinder des Ortes errichtet. Es befindet sich auf dem Gebiet des ehemaligen Ghettos und gehört heute zum »Platz der Erinnerung«, den Angehörige 1990 gemeinsam mit weiteren Denkmälern einweihten.
Zeitgleich entstand im Südosten der Stadt, wo sich früher das »Großlazarett 301« befand, das »Feld der Erinnerung«. Es besteht aus mehreren Denkmälern und Gedenktafeln, die an dieser Stelle der ermordeten Juden und Kriegsgefangenen erinnern, die dort in elf Massengräbern liegen. Das Denkmal für die ermordeten Juden des Ghettos stellt symbolisch zwei von Stacheldraht umgebenen Hände dar. Im Innern des Denkmals befindet sich eine Gedenktafel mit der ukrainischer Inschrift: »Den Opfern des Faschismus – den Gefangenen des Ghettos Slawuta, die im Juni 1942 erschossen wurden«. Sie wird um eine hebräische Inschrift und einen Davidstern ergänzt.
Der jüdische Friedhof wurde 1990 von Freiwilligen aus dem In- und Ausland instand gesetzt. 2000 wurden menschliche Überreste ermordeter Juden exhumiert und hier in einem Massengrab wieder bestattet. An sie erinnert ein Grabstein.
Bild:Slawuta, 2017, Synagoge, Christian Herrmann
Slawuta, 2017, Synagoge, Christian Herrmann

Bild:Slawuta, 2017, Gebäude des ehemaligen »Großlazarett 301«, Christian Herrmann
Slawuta, 2017, Gebäude des ehemaligen »Großlazarett 301«, Christian Herrmann
Bild:Slawuta, 2017, Reste des ehemaligen »Großlazarett 301«, Christian Herrmann
Slawuta, 2017, Reste des ehemaligen »Großlazarett 301«, Christian Herrmann
Bild:Slawuta, 2017, Jüdischer Friedhof, Christian Herrmann
Slawuta, 2017, Jüdischer Friedhof, Christian Herrmann
Bild:Slawuta, 2013, Jüdischer Friedhof, Jewgennij Schnajder
Slawuta, 2013, Jüdischer Friedhof, Jewgennij Schnajder
Bild:Slawuta, 2013, 2000 eingerichtetes Massengrab ermordeter Juden auf dem jüdischen Friedhof, Jewgennij Schnajder
Slawuta, 2013, 2000 eingerichtetes Massengrab ermordeter Juden auf dem jüdischen Friedhof, Jewgennij Schnajder
Name
Pamjatniki jewrejam zahyblym u Slawuti
Adresse
Memorialnyj kompleks Pole Pam`jati, an der Hauptstraße T-18-04
30000 Slawuta
Web
http://myshtetl.org/khmelnitskaja/slavuta.html
E-Mail
velvl770@gmail.com
Öffnungszeiten
Die Denkmäler sind jederzeit zugänglich.