Mehr als acht Millionen Menschen befanden sich 1940 in Frankreich auf der Flucht vor den deutschen Besatzern. Eine wichtige Station auf dem Weg vieler Flüchtlinge war das im Südwesten Frankreichs gelegene Bordeaux. Doch ohne Visum für ein sicheres Land saßen sie angesichts der vorrückenden Wehrmacht in der Falle. Aristides de Sousa Mendes (1885–1954), der portugiesische Generalkonsul in der Stadt, widersetzte sich seinen Anweisungen und stellte den Flüchtlingen portugiesische Visa aus. Damit rettete er rund 30.000 Menschen das Leben. Sousa Mendes zahlte einen hohen Preis dafür: Er wurde seines Amtes enthoben und starb schließlich 1954 in Armut. Nach dem Ende der Salazar-Diktatur (1932–1968) wurde Sousa Mendes in den 1980er Jahren rehabilitiert und gilt heute als portugiesischer Nationalheld. Seit 2024 befindet sich in seinem Geburtshaus, der Casa do Passal, ein ihm gewidmetes Museum.
Am 10. Mai 1940 begann der Westfeldzug der Wehrmacht gegen Frankreich. Auf dem Weg nach Frankreich griff sie auch die Niederlande, Belgien und Luxemburg an. Nach nur einem Monat gelang der Wehrmacht am 14. Juni 1940 die Einnahme von Paris. Zwei Tage später erhielt Marschall Philippe Pétain (1856–1951) den Auftrag zur Bildung einer neuen Regierung. Der Regierungssitz wurde nach Bordeaux verlegt. Am 22. Juni 1940 unterzeichnete Frankreich den Waffenstillstand von Compiègne, was einer Kapitulation gleichkam. In der Folge befanden sich der Norden und Westen Frankreichs unter deutscher Besatzung, während Pétain den unbesetzten Südosten von Vichy aus als Diktator regierte.
Der Einmarsch der Wehrmacht löste eine riesige Fluchtwelle von etwa acht bis zehn Millionen Menschen aus. Unter den Flüchtlingen befanden sich jüdische wie nichtjüdische Zivilisten, Intellektuelle, Politiker und viele weitere Menschen, die aus Angst vor den anrückenden Nationalsozialisten flohen. Für viele von ihnen war Bordeaux eine wichtige Zwischenstation auf der Flucht. Von hier aus hofften sie, Frankreich verlassen zu können, um in einem der unbesetzten Länder Europas oder in Übersee Zuflucht zu finden. Doch kein Land war bereit, die vielen Flüchtlinge aufzunehmen.
In dieser für die Flüchtlinge verzweifelten Lage beschloss der portugiesische Generalkonsul in Bordeaux, Aristides de Sousa Mendes, sich den Anweisungen seiner Regierung zu widersetzen und den Flüchtlingen zu helfen. Er verteilte Tausende von Visa und ermöglichte ihnen so die Flucht. Am 20. Juni 1940 erfuhr die portugiesische Regierung von diesen Aktivitäten und forderte Sousa Mendes auf, Bordeaux unverzüglich zu verlassen. Noch auf der Reise verteilte er weiter Visa und brachte Flüchtlinge sogar in seinem Privatwagen über die französisch-spanische Grenze. Sousa Mendes wurde schließlich am 23. Juni seines Amtes enthoben und der portugiesische Diktator Salazar (1889–1970) erklärte einen Tag später die ausgestellten Visa für ungültig.
Schätzungen zufolge rettete Sousa Mendes durch seinen Einsatz rund 30.000 Menschen das Leben, darunter etwa 10.000 Juden.
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Nach seiner Rückkehr nach Portugal wurde Sousa Mendes in einem Disziplinarverfahren für schuldig befunden und aus dem diplomatischen Dienst entlassen. Darüber hinaus entzog man ihm seine Anwaltslizenz und seine Pensionsansprüche. Während der Salazar-Diktatur erfuhr die Familie Sousa Mendes zudem gesellschaftliche Ächtung und verarmte zusehends. Aristides de Sousa Mendes starb am 3. April 1954 in Lissabon an den Folgen eines Schlaganfalls und einer Lungenentzündung.
Nach dem Tod von Aristides de Sousa Mendes lebte die Erinnerung an seinen mutigen Einsatz vor allem in seiner Familie und bei den von ihm Geretteten weiter. Sie waren es auch, die sich für eine öffentliche Anerkennung seiner Leistungen einsetzten. Diese Anerkennung erfolgte zunächst nur außerhalb Portugals. So wurde Aristides de Sousa Mendes am 18. Oktober 1966 von Yad Vashem als »Gerechter unter den Völkern« gewürdigt. In Portugal brachte der Sturz des Salazar-Regimes 1974 die Wende. Am 24. Mai 1987 verlieh der portugiesische Präsident Mário Soares (1924–2017) Aristides de Sousa Mendes postum den Freiheitsorden. Ein Jahr später erfolgte die offizielle Rehabilitierung durch das portugiesische Parlament. Am 19. Oktober 2021 wurde Sousa Mendes in den Nationalen Pantheon aufgenommen.
Nach dem Sturz des Salazar-Regimes entstand auch die Idee, den ehemaligen Wohnsitz der Familie Sousa Mendes, die Casa do Passal, in ein Museum zu Ehren von Aristides de Sousa Mendes umzuwandeln. Das Gebäude befand sich zu diesem Zeitpunkt in einem desolaten Zustand, da es nach dem Tod von Sousa Mendes 1954 an Gläubiger fiel und unbewohnt blieb. Im Jahr 2001 erwarb die Aristides de Sousa Mendes Stiftung das Gebäude unter anderem mit Hilfe von Reparationszahlungen des portugiesischen Staates. Nach einer mehr als zwei Jahrzehnte dauernden Planungs- und Bauphase konnte das Museum schließlich am 19. Juli 2024, dem Geburtstag von Aristides de Sousa Mendes, in Anwesenheit des portugiesischen Präsidenten eröffnet werden.
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