In der Nähe der Stadt Arles erinnern eine Plastik und ein Gedenkstein an eines der beiden Internierungslager für Sinti und Roma, die unter dem Vichy-Regime im Süden Frankreichs errichtet wurden: das Internierungslager Saliers. Dort wurden zwischen 1942 und 1944 rund 700 Sinti und Roma unter unmenschlichen Bedingungen festgehalten.
Nach der französischen Kapitulation vor der deutschen Wehrmacht im Juni 1940 wurde Frankreich in zwei Gebiete aufgeteilt: die »zone occupée« (»besetzte Zone«) im Norden und die unbesetzte »zone libre« (»freie Zone«) im Süden, die unter der Kontrolle des Vichy-Regimes stand. Die Verfolgung der Sinti und Roma in Frankreich begann mit ihrer Vertreibung aus dem vom Deutschen Reich annektierten Elsass in die »zone libre«, wo die französischen Behörden sie festnahmen und in Internierungslager brachten, die ursprünglich für republikanische Flüchtlinge aus dem spanischen Bürgerkrieg (1936-1939) vorgesehen waren.
Nachdem ausländische Zeitungen kritisch über die Behandlung der Sinti und Roma durch die französischen Behörden berichtet hatten, beschloss die Vichy-Regierung im März 1942 die Errichtung eines »Modellagers« zur Internierung von Sinti und Roma in Saliers, einem Dorf unweit von Arles in der Camargue. Der Ort wurde nicht zufällig ausgewählt: In der Nähe liegt Saintes-Maries-de-la-Mer, ein wichtiger Wallfahrtsort für Sinti und Roma, die dort ihre Schutzheilige, die Schwarze Sara, verehren. Mit der Planung des Lagers wurde der Architekt Jacques van Migom beauftragt, der ihm zu Propagandazwecken das Aussehen eines traditionellen Dorfes der Camargue verlieh, ohne auf die tatsächliche Bewohnbarkeit der Hütten zu achten. Das Lager wurde formal am 15. Juni 1942 eröffnet, obwohl es noch nicht fertig gebaut war. Daher wurden die ersten Häftlinge, die im Juli 1942 aus dem Lager Rivesaltes eintrafen, als Zwangsarbeiter eingesetzt, um den Bau des Lagers abzuschließen.
Trotz der Übernahme der »zone sud« (»Südzone«) durch die Deutschen im November 1942 blieb das Lager Saliers unter französischer Verwaltung. Zwischen Juli 1942 und August 1944 wurden mehrere hundert Sinti und Roma dort festgehalten. Die Lebensbedingungen waren extrem schwierig: Die Häftlinge hatten keinen Zugang zu Heizung, fließendem Wasser und Abwasserversorgung und litten unter Kälte, Mangelernährung und Krankheiten. Am 17. August 1944 wurde das Lager von einem alliierten Luftangriff getroffen. 211 Häftlinge nutzten diese Gelegenheit zur Flucht. Wenige Tage später wurde das Lager geräumt und am 15. Oktober 1944 offiziell aufgelöst.
Rund 700 Sinti und Roma wurden zwischen Juli 1942 und August 1944 im Internierungslager Saliers festgehalten. Zwischen 30 und 40 Prozent von ihnen waren Kinder. Insgesamt 227 Kinder wurden zwangsweise von ihren Eltern getrennt und in öffentlichen Fürsorgeeinrichtungen in Arles und Marseille untergebracht, um »umerzogen« zu werden. 25 Häftlinge, darunter 6 Kinder, starben aufgrund der menschenverachtenden Lebensbedingungen im Lager.
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Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Internierungslager Saliers als Kulisse für den Film »Lohn der Angst« des französischen Regisseurs Henri-Georges Clouzot benutzt und nach den Dreharbeiten 1952 abgerissen.
Lange Zeit wurde die Aufarbeitung der Verfolgung der Sinti und Roma in Frankreich vernachlässigt. 1997 stellte der damalige Präsident Jacques Chirac während einer Gedenkfeier für die Opfer der Deportation zum ersten Mal die Sinti und Roma als Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung dar. Es dauerte jedoch bis Oktober 2010, bis der Nationalversammlung ein Gesetzentwurf vorgelegt wurde, der den Völkermord an Sinti und Roma offiziell anerkannte und den 5. April zum offiziellen Gedenktag dafür festlegte. Im Jahr 2013 erkannte der damalige Präsident François Hollande außerdem die Verantwortung des französischen Staates für die Internierung der Sinti und Roma zwischen 1940 und 1946 an.
Am 2. Februar 2006 wurde eine Plastik des aus Arles stammenden Bildhauers Jean-Claude Guerri am ehemaligen Standort des Lagers Saliers eingeweiht. Sie trägt die wegen der Wortwahl umstrittene Inschrift: »Zigeunerlager [französisch: »camp de gitans«] Saliers. Juni 1942 bis August 1944. Hier wurden unter der Herrschaft des Vichy-Regimes 700 Nomaden interniert.«. 2015 wurde ein zusätzlicher Gedenkstein mit einem ergänzenden Text zur Geschichte des Lagers hinzugefügt.
Das Denkmal ist jederzeit zugänglich.
filsfillesinternescampsaliers@gmail.com
+33 6 18 31 98 48
13123 Arles, France