Denkmal für die Märtyrer der Deportation

Mémorial des Martyrs de la Déportation


An der Spitze der Insel Île de la Cité unweit der Kathedrale Notre-Dame de Paris gelegen, gehört das Denkmal für die Märtyrer der Deportation in Paris zu den 10 »Hauts Lieux de la Mémoire Nationale« in Frankreich – Gedenkorte, die von dem französischen Verteidigungsministerium als besonders wichtig für die nationale Erinnerung hervorgehoben werden. Von dem Architekten Georges-Henri Pingusson entworfen und 1962 eingeweiht, soll das Denkmal das Leid der aus Frankreich deportierten Menschen in den deutschen Konzentrations- und Vernichtungslagern andeuten und die Besucher zum Nachdenken und zur Andacht bewegen.

Geschichte

Nach der französischen Kapitulation vor der deutschen Wehrmacht im Juni 1940 wurde Frankreich in zwei Gebiete aufgeteilt: die »zone occupée« (»besetzte Zone«) im Norden und die unbesetzte »zone libre« (»freie Zone«) im Süden, die unter der Kontrolle des Vichy-Regimes stand. In beiden Gebieten wurden rasch antijüdische Maßnahmen ergriffen, um die jüdische Bevölkerung von der Gesellschaft auszuschließen. Ab 1941 folgten Razzien und Deportationen. Die erste antijüdische Aktion, die sogenannte »rafle du billet vert« (deutsch: »Razzia des grünen Briefs«), fand im Frühling 1941 in Paris statt und hatte ausschließlich ausländliche jüdische Männer zum Ziel. Doch auch französische Juden waren bald von Gewalt betroffen – zunächst nur Männer bei den Razzien vom 20. August und vom 12. Dezember 1941, später auch Kinder, Frauen und ältere Personen. Im Juli 1942 fand die berüchtigte »rafle du Vélodrome d’Hiver« in der Hauptstadt statt, bei der etwa 13.000 Juden in der Radsporthalle zusammengepfercht wurden, um sie anschließend in andere Lager zu deportieren. Trotz der nachlassenden Unterstützung durch die französische Bevölkerung wurden die Razzien und Deportationen bis August 1944 in Frankreich fortgesetzt. Am 17. August 1944, wenige Tage vor der Befreiung von Paris, verließ der letzte Transportzug mit jüdischen Deportierten das Sammel- und Durchgangslager Drancy.

Außer Juden wurden auch zahlreiche politische Gegner und Widerstandskämpfer aus Frankreich in deutsche Lager deportiert. Dies wurde vor allem von dem sogenannten »Nacht-und-Nebel-Erlass« vom 7. Dezember 1941 ermöglicht, der vorsah, dass des Widerstands verdächtigte Personen aus Belgien, Frankreich, Holland, Luxemburg und Norwegen heimlich nach Deutschland verschleppt werden konnten, wo sie entweder im Gefängnis auf ihre Verhandlung vor einem Sondergerichtshof warten mussten oder mit dem Kürzel NN in einem Konzentrationslager inhaftiert wurden. Als Hauptinternierungsort für NN-Häftlinge diente das Konzentrationslager Natzweiler-Struthof im annektierten Elsass.

Opfergruppen

Insgesamt fielen 25 Prozent der jüdischen Bevölkerung in Frankreich zum Opfer der Shoah. Rund 76.000 jüdische Kinder, Frauen und Männer wurden aus Frankreich in die deutschen Konzentrations- und Vernichtungslager deportiert, darunter mehr als 11.000 Kinder.

Zwischen 1940 und 1944 wurden mehr als 60.300 Menschen, die politischen Widerstand geleistet hatten, aus Frankreich in deutsche Gefängnisse und Konzentrationslager deportiert. Mindestens 42 Prozent von ihnen kamen dabei ums Leben. Die Zahl der NN-Häftlinge wird insgesamt auf 7.000 geschätzt, darunter mehr als 5.000 Franzosen.

Auch 351 Sinti und Roma aus den Departements Nord und Pas-de-Calais wurden im Januar 1944 nach Auschwitz verschleppt. Diese Region unterstand der deutschen Militärverwaltung. Zusätzlich wurden zwischen 3.000 und 6.000 Sinti und Roma in von der Vichy-Regierung verwalteten Internierungslagern in Frankreich festgehalten.

Drei Personen wurden für ihre Homosexualität aus der französischen »zone sud« (»Südzone«) in das Konzentrationslager Buchenwald deportiert. Aus der »zone nord« (»Nordzone«) gerieten 10 Personen wegen ihrer Homosexualität ins Visier der deutschen Behörden und wurden anschließend als politische Gegner in deutsche Konzentrationslager verschleppt. Im vom Deutschen Reich annektierten Elsass betrug die Zahl der Personen, die aufgrund ihrer Homosexualität in deutsche Konzentrationslager deportiert wurden, auf etwa 370.

Erfahre mehr über Frankreich

Frankreich geriet nach der Niederlage seiner Armee im Juni 1940 unter deutschen Einfluss. Der Norden fiel unter deutsche Militärverwaltung, der Süden blieb zunächst unbesetzt. Im südfranzösischen Kurort Vichy wurde eine von Deutschland abhängige Regierung gebildet. Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs lebten etwa 300.000 Juden in Frankreich. Ihre genaue Zahl ist nicht bekannt, da die Religionszugehörigkeit in Frankreich nicht registriert wurde. Ende 1940 wurden im Norden die ersten antijüdischen Verordnungen erlassen. Der Politik der Zwangsregistrierung, Ausgrenzung und Beraubung folgten systematische Festnahmen durch die französische Gendarmerie. Vor allem Juden ohne französischen Pass gerieten ins Visier des deutschen SS- und Polizeiapparates sowie der einheimischen Behörden. Mit dem Anwachsen des französischen Widerstandes ging der deutsche Militärbefehlshaber General Otto von Stülpnagel (1878–1948) dazu über, als Abschreckung Unbeteiligte erschießen und insbesondere Juden festnehmen zu lassen. Diese Verhafteten gehörten zu den ersten, die ab März 1942 in die Vernichtungslager im besetzten Polen verschleppt wurden. Etwa 75.000 Menschen wurden in über siebzig Transporten verschleppt und ermordet. Die Mehrzahl der französischen Juden überlebte, zumeist in Verstecken im südlichen Landesteil. Krieg und Verfolgung fielen in Frankreich etwa 600.000 Menschen zum Opfer, unter ihnen 270.000 Zivilisten. Während andere Opfergruppen bis heute wenig differenziert behandelt werden, hat sich seit Ende der 1980er Jahre die Forschung zu Patienten, die in Heimen und Kliniken zu Tode kamen, verstärkt. Heute wird von bis zu 50.000 Opfern ausgegangen. In beiden Landesteilen hatte es während der Besetzung Verfolgung, Kollaboration und Widerstand gegeben. Insbesondere die Erinnerung an den Kampf der »Résistance« als Ausdruck französischer Vaterlandsliebe und das Leid der »Deportation« boten nach dem Krieg die Möglichkeit, Gegensätze zwischen Konservativen (Gaullisten) und nach Moskau ausgerichteten Kommunisten zu überbrücken. Dem entsprechen die Widmungen zahlreicher Museen und Gedenkstätten – wie das »Mémorial des Martyrs de la Déportation« (Denkmal für die Märtyrer der Deportation) in Paris aus dem Jahr 1956 und das 2005 in der KZ-Gedenkstätte Natzweiler eröffnete »Centre Européen du Résistant Déporté« (Europäisches Zentrum des deportierten Widerstandskämpfers). Ab Anfang der 1990er Jahre entstanden Einrichtungen wie das Maison d’Izieu (Haus von Izieu) bei Lyon, wo an 44 verschleppte jüdische Kinder erinnert wird, die Nationale Gedenkstätte im ehemaligen Lager Gurs sowie ein Erinnerungszentrum in Oradour sur Glane – einer Ortschaft, die die SS 1944 zerstört hatte. Die zentrale Gedenkstätte für die Opfer des Holocaust ist die 2005 eröffnete »Mémorial de la Shoah« im Zentrum der Hauptstadt. Mittlerweile haben mehrere französische Staatspräsidenten die Mitverantwortung des Landes für den Holocaust in Frankreich anerkannt. Die 1988 eröffnete und 2002 erweiterte Gedenkstätte in Caen, die an die Landung der Westalliierten in der Normandie 1944 erinnert, ist die meistbesuchte Gedenkstätte außerhalb von Paris. Hier finden die jährlichen nationalen Gedenkfeiern an den Sieg über das nationalsozialistische Deutschland statt. Zudem gibt es zahlreiche regionale Museen, in denen die Auseinandersetzung mit Verfolgung, Widerstand und Deportation im Mittelpunkt steht.

Erinnerung

Den jüdischen Opfern gewidmet, wurde das Mémorial du Martyr Juif Inconnu (deutsch: »Denkmal für den unbekannten jüdischen Märtyrer«) 1956 in Paris eröffnet. Das Denkmal ist heute Teil des Gesamtensembles des Mémorial de la Shoah.

Wenige Jahre später wurde nur wenige hundert Meter entfernt das Denkmal für die Märtyrer der Deportation eröffnet, das allen aus Frankreich Deportierten gewidmet ist. Es wurde am 12. April 1962 vom französischen Staatspräsidenten Charles de Gaulle eingeweiht. Das Denkmal entstand auf Initiative des Verbandes Réseau du souvenir (deutsch: »Netzwerk der Erinnerung«) und wurde vom französischen Architekten Georges-Henri Pingusson entworfen. Durch seine Architektur deutet das Gebäude das Leid der aus Frankreich deportierten Menschen in den deutschen Konzentrations- und Vernichtungslagern an und soll die Besucher zum Nachdenken und zur Andacht bewegen. 2007 wurde es unter Denkmalschutz gestellt.

Die Dauerausstellung des Denkmals für die Märtyrer der Deportation wurde im April 1975 eröffnet und 2016 erneuert. Als Teil ihrer Besichtigung gelangen die Besucher in eine Krypta, in der die Überreste eines unbekannten Deportierten begraben sind und 15 Urnen stehen, die Erde und Asche aus deutschen Konzentrations- und Vernichtungslagern enthalten.

Angebote

Dauerausstellung zur Geschichte der Deportation, Wechselausstellungen zu verschiedenen Themen, thematische Rundgänge, Audioguides, Führungen, Workshops

Öffnungszeiten

Täglich geöffnet, außer am ersten Montag im Monat
Oktober bis März 10.00 bis 17.00, April bis September 10.00 bis 19.00
Am 1. Januar, 1. Mai, 15. August, 1. November und 25. Dezember geschlossen

Kontakt

https://for.onac-vg.fr/hauts-lieux-memoire-necropoles/memorial-des-martyrs-de-la-deportation

memorial.martyrs.deportation@onacvg.fr

+33 6 14 67 54 98

7 quai de l'Archevêché
75004 Paris, France