Das Internierungslager Argelès-sur-Mer wurde Anfang 1939 errichtet, um republikanische Flüchtlinge aus dem Spanischen Bürgerkrieg aufzunehmen. Nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges gestalteten die französischen Behörden das Lager jedoch um, um Personen zu internieren, die als »unerwünscht« galten – darunter Juden und Sinti und Roma. Heute erinnern eine Gedenkstätte und mehrere Denkmäler in der Stadt Argelès-sur-Mer an die Geschichte des Lagers und an die Erfahrungen der dort Internierten.
In den letzten Monaten des Spanischen Bürgerkrieges (1936-1939) zwang das Vorrücken der Truppen Francos in Katalonien über 450.000 Republikaner zur Flucht nach Frankreich über die Pyrenäen während der »Retirada« (deutsch: »Rückzug«). Der damalige französische Regierungschef Édouard Daladier hatte ihre Einreise ab Ende Januar 1939 schrittweise erlaubt, doch die französischen Behörden waren mit ihrer Unterbringung bald überfordert. So errichteten sie im Februar 1939 in aller Eile ein Internierungslager auf dem Meeresstrand des Dorfes Argelès-sur-Mer in unmittelbarer Nähe zur spanischen Grenze. Bis Juni 1939 durchliefen über 100.000 republikanische Flüchtlinge das Lager.
Nach einer kurzen Schließung im Sommer 1939 wurde das Lager aufgrund des Ausbruchs des Zweiten Weltkrieges im September 1939 wieder geöffnet. Das Lager wurde umgestaltet, und Menschen aus immer mehr Ländern wurden dort interniert, darunter verwundete Soldaten aus verschiedenen Gebieten Europas, die von der deutschen Wehrmacht erobert wurden.
Nach der französischen Kapitulation vor der Wehrmacht im Juni 1940 und der Etablierung des Vichy-Regimes im Süden Frankreichs wurden zusätzlich Personen im Lager interniert, die für die Vichy-Regierung als »unerwünscht« galten, unter anderem nicht-französische Juden sowie Sinti und Roma. Gleichzeitig lieferten die französischen Behörden mehrere tausend republikanische Flüchtlinge an die Nationalsozialisten aus, die sie anschließend in deutsche Lager wie das Konzentrationslager Mauthausen verschleppten.
Ab 1941 leerte sich das Lager allmählich: Viele Internierte wurden in den Arbeitskolonnen für ausländische Arbeitskräfte des Vichy-Regimes und in der nationalsozialistischen Organisation Todt als Zwangsarbeiter eingesetzt, andere wurden in weitere Lager wie das Internierungslager Rivesaltes verlegt. Im Frühjahr 1942 wurde die Verwaltung des Lagers an das Bildungsministerium des Vichy-Regimes übergeben. Das Lager wurde bis zu seiner endgültigen Schließung im November 1942 als Jugendcamp der Jugendorganisation des Vichy-Regimes genutzt. Im Januar 1943 wurde das Lager schließlich abgerissen.
Die gesamte Anzahl der internierten Personen im Internierungslager Argelès-sur-Mer wird auf 160.000 bis 220.000 geschätzt, darunter etwa 600 nicht-französische Juden und 524 Sinti und Roma. Die Angehörigen dieser beiden Gruppen wurden zwischen 1940 und 1942 schrittweise in das Internierungslager Rivesaltes verlegt. Während die Sinti und Roma schließlich in das Internierungslager Saliers unweit von Arles gebracht wurden, wurden einige der nicht-französischen Juden von Rivesaltes in das Zwischenlager Drancy und anschließend nach Auschwitz verschleppt, was für die meisten von ihnen den Tod bedeutete.
Zusätzlich wurden mehrere tausend spanische Republikaner und internationale Brigadisten, die nach der französischen Kapitulation vor der deutschen Wehrmacht im Juni 1940 noch im Lager Argelès-sur-Mer interniert waren, vom Vichy-Regime an die deutschen Behörden ausgeliefert. Alleine in das Konzentrationslager Mauthausen wurden rund 7.200 spanische Republikaner deportiert. Über 5.000 von ihnen kamen dort ums Leben.
Laut der offiziellen Angaben der Behörden des Vichy-Regimes starben 215 Personen während ihrer Internierung im Lager Argelès-sur-Mer, einschließlich 23 Sinti und Roma. Die tatsächliche Opferzahl des Lagers liegt jedoch weitaus höher, da die Todesfälle nach Verlegungen in medizinische Einrichtungen außerhalb des Lagers nicht berücksichtigt wurden.
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1956 wurde auf Initiative einer belgischen Familie, die an einen Angehörigen erinnern wollte, ein Gedenkstein auf dem Friedhof des Internierungslagers Argelès-sur-Mer errichtet. Der Gedenkstein trägt die Namen von vielen der im Lager verstorbenen Internierten.
Allerdings dauerte es bis in die 1990er Jahre, bis die Aufarbeitung der Geschichte des Lagers ernsthaft begann. 1999 wurde der Verein FFREEE (»Fils et Filles de Républicains Espagnols et Enfants de l’Exode«, deutsch: »Söhne und Töchter spanischer Republikaner und Kinder des Exodus«) von Maria Sanchez Monroy, der Tochter eines Offiziers der republikanischen Armee, gegründet. Der Verein spielte eine wichtige Rolle bei der Errichtung von Denkmälern in Erinnerung an das Lager in Argelès-sur-Mer. So wurde 1999 ein Gedenkstein am ehemaligen Standort des Eingangs zum Lager errichtet, der sogenannte Monolith. 550 Meter entfernt wurde eine weitere Gedenktafel hinzugefügt, die die nördliche Grenze des Lagers anzeigt.
2014 wurde die Gedenkstätte Lager Argelès-sur-Mer eingeweiht, 2017 wurde sie in die Dorfmitte verlegt. Neben der Dauerausstellung zur Geschichte des Lagers zeigt sie Wechselausstellungen zu verschiedenen Themen und stellt eine umfangreiche Fachbibliothek zur Verfügung.
Dauerausstellung zur Geschichte des Lagers Argelès-sur-Mer, Wechselausstellungen zu verschiedenen Themen, Führungen, virtuelle Besichtigung, Dokumentationszentrum
Oktober bis Juni dienstags bis samstags 10.00 bis 13.00 und 14.00 bis 18.00
Juli bis September und Osterwoche täglich 10.00 bis 18.00
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66700 Argelès-sur-Mer, France