Museum der Erinnerung Portet-sur-Garonne

Musée de la Mémoire de Portet-sur-Garonne


Unweit von Toulouse gelegen, war das Lager Récébédou ursprünglich für die Internierung von republikanischen Flüchtlingen aus dem Spanischen Bürgerkrieg vorgesehen. Ab 1941 wurde es jedoch von den französischen Behörden als Krankenlager für verwundete republikanische Kämpfer und kranke deutsche Juden aus dem Internierungslager Gurs genutzt. Heute erinnert das Museum der Erinnerung Portet-sur-Garonne an die Geschichte des Lagers.

Geschichte

Das Viertel Récébédou wurde 1939 errichtet, um die Arbeiter der staatlichen Pulverfabriken von Toulouse und ihre Familien unterzubringen. Mit dem Anfang des Zweiten Weltkrieges im September 1939 veränderte sich die Situation zunächst nicht, doch nach der französischen Kapitulation vor der deutschen Wehrmacht im Juni 1940 und der Etablierung des Vichy-Regimes im Süden Frankreichs wurde das Viertel in ein Internierungslager für republikanische Flüchtlinge aus dem Spanischen Bürgerkrieg (1936-1939) umgewandelt. Außerdem begann das Lager ab Oktober 1940, eine wachsende Zahl von nicht-französischen Juden aufzunehmen, die von den antijüdischen Gesetzen des Vichy-Regimes betroffen waren.

Aufgrund der zunehmenden Spezialisierung der französischen Internierungslager beschlossen die Behörden der Vichy-Regierung ab Februar 1941, Récébédou als Krankenlager zu nutzen. So nahm das Lager nicht nur verwundete republikanische Kämpfer auf, sondern auch ältere und kranke deutsche Juden, die aus dem Internierungslager Gurs nördlich der Pyrenäen verlegt wurden. Trotz des Status von Récébédou als Krankenlager waren die Häftlinge unzureichend versorgt: Die Lebensbedingungen waren schwierig und es fehlte unter anderem an Ärzten. Es starben mehrere hundert Internierte, insbesondere im Winter 1941.

Im August 1942 wurden über 700 jüdische Internierte aus Récébédou und dem in der Nähe liegenden Krankenlager Noé in drei Transportzügen in das Sammel- und Durchgangslager Drancy verschleppt und anschließend nach Auschwitz deportiert. Als Reaktion darauf äußerte sich der Erzbischof von Toulouse Jules Saliège in einem viel beachteten Brief höchst kritisch über die schlechten Lebensbedingungen der Gefangenen und ihre Deportation nach einem unbekannten Ort. Unter dem von Saliège ausgeübten Druck wurde das Lager Récébédou Ende September 1942 geschlossen. Die letzten Internierten wurden nach Noé verlegt.

Opfergruppen

Insgesamt durchliefen über 7.500 Personen das Lager Récébédou zwischen 1940 und 1942. 314 Häftlinge starben im Lager, darunter 257 Juden. Zusätzlich wurden rund 380 Juden im August 1942 von Récébédou in das Zwischenlager Drancy verschleppt und anschließend nach Auschwitz deportiert, was für die meisten von ihnen den Tod bedeutete.

Erfahre mehr über Frankreich

Frankreich geriet nach der Niederlage seiner Armee im Juni 1940 unter deutschen Einfluss. Der Norden fiel unter deutsche Militärverwaltung, der Süden blieb zunächst unbesetzt. Im südfranzösischen Kurort Vichy wurde eine von Deutschland abhängige Regierung gebildet. Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs lebten etwa 300.000 Juden in Frankreich. Ihre genaue Zahl ist nicht bekannt, da die Religionszugehörigkeit in Frankreich nicht registriert wurde. Ende 1940 wurden im Norden die ersten antijüdischen Verordnungen erlassen. Der Politik der Zwangsregistrierung, Ausgrenzung und Beraubung folgten systematische Festnahmen durch die französische Gendarmerie. Vor allem Juden ohne französischen Pass gerieten ins Visier des deutschen SS- und Polizeiapparates sowie der einheimischen Behörden. Mit dem Anwachsen des französischen Widerstandes ging der deutsche Militärbefehlshaber General Otto von Stülpnagel (1878–1948) dazu über, als Abschreckung Unbeteiligte erschießen und insbesondere Juden festnehmen zu lassen. Diese Verhafteten gehörten zu den ersten, die ab März 1942 in die Vernichtungslager im besetzten Polen verschleppt wurden. Etwa 75.000 Menschen wurden in über siebzig Transporten verschleppt und ermordet. Die Mehrzahl der französischen Juden überlebte, zumeist in Verstecken im südlichen Landesteil. Krieg und Verfolgung fielen in Frankreich etwa 600.000 Menschen zum Opfer, unter ihnen 270.000 Zivilisten. Während andere Opfergruppen bis heute wenig differenziert behandelt werden, hat sich seit Ende der 1980er Jahre die Forschung zu Patienten, die in Heimen und Kliniken zu Tode kamen, verstärkt. Heute wird von bis zu 50.000 Opfern ausgegangen. In beiden Landesteilen hatte es während der Besetzung Verfolgung, Kollaboration und Widerstand gegeben. Insbesondere die Erinnerung an den Kampf der »Résistance« als Ausdruck französischer Vaterlandsliebe und das Leid der »Deportation« boten nach dem Krieg die Möglichkeit, Gegensätze zwischen Konservativen (Gaullisten) und nach Moskau ausgerichteten Kommunisten zu überbrücken. Dem entsprechen die Widmungen zahlreicher Museen und Gedenkstätten – wie das »Mémorial des Martyrs de la Déportation« (Denkmal für die Märtyrer der Deportation) in Paris aus dem Jahr 1956 und das 2005 in der KZ-Gedenkstätte Natzweiler eröffnete »Centre Européen du Résistant Déporté« (Europäisches Zentrum des deportierten Widerstandskämpfers). Ab Anfang der 1990er Jahre entstanden Einrichtungen wie das Maison d’Izieu (Haus von Izieu) bei Lyon, wo an 44 verschleppte jüdische Kinder erinnert wird, die Nationale Gedenkstätte im ehemaligen Lager Gurs sowie ein Erinnerungszentrum in Oradour sur Glane – einer Ortschaft, die die SS 1944 zerstört hatte. Die zentrale Gedenkstätte für die Opfer des Holocaust ist die 2005 eröffnete »Mémorial de la Shoah« im Zentrum der Hauptstadt. Mittlerweile haben mehrere französische Staatspräsidenten die Mitverantwortung des Landes für den Holocaust in Frankreich anerkannt. Die 1988 eröffnete und 2002 erweiterte Gedenkstätte in Caen, die an die Landung der Westalliierten in der Normandie 1944 erinnert, ist die meistbesuchte Gedenkstätte außerhalb von Paris. Hier finden die jährlichen nationalen Gedenkfeiern an den Sieg über das nationalsozialistische Deutschland statt. Zudem gibt es zahlreiche regionale Museen, in denen die Auseinandersetzung mit Verfolgung, Widerstand und Deportation im Mittelpunkt steht.

Erinnerung

In der Nachkriegszeit zogen spanische Republikaner, die im Zweiten Weltkrieg in deutsche Konzentrationslager deportiert worden waren und überlebt hatten, in zwölf der übrigen Baracken im ehemaligen Lager Récébédou ein. Diese Enklave wurde »Villa Don Quichotte« genannt und stand symbolisch für ihre Erfahrung im Exil sowie die Unmöglichkeit der Rückkehr in ihre spanische Heimat, die unter General Franco noch jahrzehntelang eine Diktatur blieb.

Im Jahr 2003 wurde das Museum der Erinnerung Portet-sur-Garonne in Anwesenheit von Elie Wiesel (1928-2016), Überlebender des Konzentrationslagers Buchenwald und Friedensnobelpreisträger, eingeweiht. Das Museum befindet sich in einer der wenigen erhaltenen Baracken von Récébédou und beherbergt eine Dauerausstellung, die die Geschichte des Ortes thematisiert – von einer Siedlung für Fabrikarbeiter bis hin zu einem Krankenlager unter dem Vichy-Regime und zur »Villa Don Quichotte« nach dem Zweiten Weltkrieg. Das Museum zeigt auch ein Modell des Lagers und Wechselausstellungen.

Angebote

Dauerausstellung zur Geschichte des Lagers Récébédou, Wechselausstellungen zu verschiedenen Themen, Führungen

Öffnungszeiten

Mittwochs und samstags 14.00 bis 18.00, andere Tage nach Vereinbarung
Führungen nach Vereinbarung

Kontakt

https://www.portetgaronne.fr/le-musee-de-la-memoire/

museedelamemoire@portetgaronne.fr

+33 5 62 20 18 74

Allée du Grand Chêne
31120 Portet-sur-Garonne, France