Museum-Gedenkstätte in Belzec

Muzeum-Miejsce Pamięci w Bełżcu


Belzec (polnisch: Bełżec) war das erste Vernichtungslager der »Aktion Reinhardt«, deren Ziel die Ermordung der Juden im besetzten Polen war. Seit 1963 befand sich ein Denkmal auf dem ehemaligen Lagergelände, 2004 wurde eine neue Gedenkstätte eröffnet.

Geschichte

Die systematische Erschießung hunderttausender Juden nach dem Angriff auf die Sowjetunion im Sommer 1941 markierte den Übergang zum Völkermord an den europäischen Juden. Angesichts dieser Radikalisierung begannen nun lokale deutsche Dienststellen, die Ermordung der Juden in Polen zu planen.
Hauptverantwortlicher im Generalgouvernement, dem besetzten, aber nicht in das Deutsche Reich eingegliederten Teil Polens, war der SS- und Polizeiführer im Distrikt Lublin Odilo Globocnik. Unter seinem Befehl entstanden im Rahmen der »Aktion Reinhardt« die Vernichtungslager Belzec, Sobibor und Treblinka. Ihr einziger Zweck bestand darin, möglichst viele Menschen zu ermorden. Sie wurden jeweils nach dem gleichen Muster in entlegenen Gebieten mit Anschluss an das Eisenbahnnetz errichtet. Bei ihren Plänen griffen die Täter auf Erfahrungen und Protagonisten der »Aktion T4« zurück, bei der Ärzte und Pflegekräfte zwischen 1939 und 1941 unter Aufsicht der SS etwa 120.000 Kranke und Behinderte unter anderem durch Giftgas ermordeten. So war Christian Wirth, der erste Lagerkommandant von Belzec, zuvor Inspekteur der »Euthanasie«-Anstalten im Deutschen Reich gewesen.
Belzec, zwischen Krakau, Lemberg und Lublin gelegen, war das erste Vernichtungslager mit stationären Gaskammern und diente als Muster für die späteren Mordstätten. Ab März 1942 ermordete die SS fast alle Juden der dortigen Gegend.
Die ersten Gaskammern waren Holzbaracken, die oft undicht waren. Mitte Mai 1942 wurden sie abgerissen und durch ein Gebäude mit sechs Gaskammern ersetzt. Die Opfer wurden durch Motorabgase erbeuteter russischer Panzer erstickt.
Das Lagerpersonal bestand lediglich aus wenigen SS-Männern, etwa 120 »Trawniki«, Wachleute meist ukrainischer Herkunft sowie den Mitgliedern des »Sonderkommandos«. Diese jüdischen Häftlinge mussten die Kleider der Opfer sortieren, die Gaskammern reinigen, die Leichen auf versteckte Gegenstände untersuchen und Goldzähne ausbrechen.

Opfergruppen

Ab Dezember 1942 musste das »Sonderkommando« die Leichen der Ermordeten aus den Massengräbern ausheben und verbrennen, da der Gestank der verwesenden Leichen unerträglich wurde. Zudem sollten die Spuren des Massenmords beseitigt werden. Die Feuer, die bis zu neun Kilometer entfernt zu riechen waren, brannten etwa drei Monate lang. Bis Juli 1943 wurde das Lager komplett abgebaut. Die letzten jüdischen Häftlinge wurden in das Vernichtungslager Sobibor deportiert.
Innerhalb weniger Monate, zwischen März und Dezember 1942, ermordete die SS etwa 500.000 Juden in Belzec. Die Opfer stammten vor allem aus dem Generalgouvernement: den Distrikten Lublin, Krakau und Galizien, andere aber auch aus Deutschland, Österreich und der Tschechoslowakei.

Erfahre mehr über Polen

Mit dem Angriff auf Polen und der Besetzung des Landes durch deutsche Truppen im Westen und durch die Rote Armee im Osten begann im September 1939 der Zweite Weltkrieg. Unmittelbar nach dem Einmarsch setzten in beiden Teilungsgebieten Verfolgung und Terror ein. Deutsche Verbände verübten Massaker an Angehörigen der geistigen Eliten, jüdischen und nichtjüdischen Zivilisten sowie Patienten. Ab Ende 1939 errichtete die deutsche Verwaltung Ghettos, in denen die jüdische Bevölkerung unter elenden Bedingungen zusammengedrängt wurde. 1941, nach dem Angriff auf die Sowjetunion, geriet auch Ostpolen unter deutsche Herrschaft. SS-Einsatzgruppen ermordeten zunächst systematisch jüdische Männer, später auch Frauen und Kinder. Im Herbst 1941 begannen lokale deutsche Dienststellen im früheren Westpolen mit der Vorbereitung von Massentötungen jüdischer Ghettohäftlinge durch Giftgas. Bis 1945 wurden etwa drei Millionen polnische Juden in den Vernichtungsstätten Kulmhof, Belzec, Treblinka und Sobibor, in Majdanek und Auschwitz ermordet, verhungerten in den Ghettos oder wurden erschossen. 1943 erhoben sich die jüdischen Bewohner des Warschauer Ghettos zu einem Aufstand, den die SS blutig niederschlug. Polnische Soldaten kämpften auf Seiten der Alliierten an allen Fronten des Weltkriegs. Partisanengruppen, darunter die patriotische »Armia Krajowa« (Heimatarmee), bildeten die größte Widerstandsbewegung im besetzten Europa. Am 1. August 1944 begann der Warschauer Aufstand, die umfangreichste Erhebung von Zivilisten gegen die Deutschen im besetzten Europa. Er scheiterte, auch weil die Rote Armee – bereits am anderen Weichselufer stehend – nicht eingriff. Die Zahl der Toten wird auf bis zu 250.000 geschätzt. Insgesamt kamen etwa drei Millionen nichtjüdische Polen unter deutscher Besatzung gewaltsam zu Tode. Nachdem die Rote Armee bereits im Januar 1944 (ost-)polnischen Boden erreicht hatte, wurden die Truppen der Armia Krajowa vom sowjetischen Geheimdienst entwaffnet, ihre Offiziere erschossen oder verschleppt. Die Millionen Toten der Besatzungszeit, die dauerhafte Annexion Ostpolens durch die Sowjetunion, die Eingliederung ostdeutscher Gebiete und der daraus resultierende Bevölkerungsaustausch verursachten in Polen ein schweres politisches und gesellschaftliches Trauma. In der Erinnerungskultur stand das Gedenken an die Ermordung der europäischen Juden in deutschen Vernichtungslagern auf polnischem Boden zunächst im Hintergrund. So galt Auschwitz – im Ausland längst zum Symbol des Holocaust geworden – über Jahrzehnte vor allem als »Ort polnischen Martyriums«. Veränderungen gibt es allerdings seit Beginn des 21. Jahrhunderts. Dazu mögen auch die heftigen Debatten um den ostpolnischen Ort Jedwabne beigetragen haben. Das Massaker an etwa 340 Juden am 10. Juli 1941, das bis dahin »Gestapo und Hitler-Polizei« zugeschrieben worden war, hatten polnische »Nachbarn« ohne deutschen Zwang verübt. Die Diskussionen im In- und Ausland um eine polnische Mittäterschaft führten 2001 dazu, dass sich Staatspräsident Aleksander Kwaśniewski (*1954) bei den Opfern entschuldigte. Forderungen von Fachleuten, etwa aus dem Institut des Nationalen Gedenkens, sich den schwierigsten Kapiteln der Vergangenheit zu stellen, wurden lauter. Zu diesen zählen auch antijüdische Pogrome 1946/47 und der staatliche Antisemitismus im sozialistischen Nachkriegspolen. Der polnische Staat investiert sehr viel in Erinnerungspolitik, auch in Großprojekte mit internationaler Ausstrahlung. Das Museum des Warschauer Aufstandes wurde bereits 2004 eröffnet. Das POLIN Museum der Geschichte der polnischen Juden eröffnete auf dem Gebiet des ehemaligen Warschauer Ghettos 2013, ein Museum des Warschauer Ghettos soll 2024 folgen. In Danzig gibt es seit 2017 das Museum des Zweiten Weltkrieges. Die ehemaligen deutschen Vernichtungslager Belzec und Sobibor wurden nach der Jahrtausendwende in moderne Gedenkstätten umgewandelt. Auch in der Kultur ist eine immer intensivere Beschäftigung mit dem jüdischen und multikulturellen Erbe Polens zu beobachten.

Erinnerung

Die Geschichte des Vernichtungslagers Belzec wurde in der Nachkriegszeit zuerst kaum wahrgenommen, auch deshalb, weil es so gut wie keine Überlebende gab. Das Lagergelände selbst zog Anwohner aus der Umgebung an, die das Gelände nach Wertgegenständen durchsuchten. Ein erstes Denkmal entstand 1963, das jedoch kaum die Dimension der Verbrechen vermittelte.
Erst 2004 eröffnete eine neue Gedenkstätte in Belzec. Sie entstand aus der Zusammenarbeit zwischen dem American Jewish Committee und dem Rat für den Schutz des Gedenkens an Kampf und Märtyrertum (polnisch: Rada Ochrony Pamięci Walk i Męczeństwa). Nach den Entwürfen von Andrzej Sołyga, Zdisław Pidek, Marcin Roszczyk und Monika Chylińska entstand eine Gedenkanlage, die den ganzen Bereich des ehemaligen Vernichtungslagers einnimmt. Das Feld, unter dem sich die Asche Ermordeter befindet, wird durch einen geraden Weg zerschnitten, der sich neun Meter in die Tiefe senkt. An den Seiten zeichnet sich die Struktur der Erde ab. Der Weg endet an einer Granitwand, die mit einem religiösen Zitat versehen ist. Ebenfalls hier befinden sich zwei Nischen, in denen tausende Vornamen zu lesen sind. Andere Elemente der Anlage weisen auf die Orte hin, deren jüdische Gemeinden in Belzec ausgelöscht worden sind.
Die Gedenkstätte wird um ein Museum ergänzt. Die Ausstellung, die detailliert auf den historischen Kontext und die Geschichte des Vernichtungslagers eingeht, wurde von einem internationalen Team erarbeitet. Sie zeigt auch Exponate, die von Archäologen auf dem ehemaligen Lagergelände gefunden wurden. Träger des Museums ist das Staatliche Museum Majdanek (polnisch: Państwowe Muzeum na Majdanku) in Lublin.

Angebote

Dauerausstellung, Führungen in polnischer und englischer Sprache, Publikationen, Seminare, Pädagogische Angebote für Schüler ab 14 Jahre

Öffnungszeiten

Gelände: April bis Oktober täglich 9.00 bis 18.00, November bis März täglich 9.00 bis 16.00

Historische Ausstellung: April bis Oktober dienstags bis sonntags 9.00 bis 17.00, November bis März dienstags bis sonntags 9.00 bis 16.00

An Feiertagen geschlossen

Kontakt

http://www.belzec.eu

muzeum@belzec.eu

+48 (0)84 665 25 10

Ul. Ofiar obozu 4
22-670 Bełżec