Erinnerung an die ermordeten Juden von Szczebrzeszyn

Pamięć zamordowanych Żydów w Szczebrzeszynie


In der Kleinstadt Szczebrzeszyn in der Region Lublin erinnern die alte Synagoge sowie ein Holocaustdenkmal auf dem jüdischen Friedhof an das einst rege jüdische Leben dort.

Geschichte

Szczebrzeszyn ist eine Kleinstadt in unmittelbarer Nähe zu Zamość. Sie wurde erstmals im 14. Jahrhundert erwähnt. Juden lebten hier spätestens im 16. Jahrhundert. Im 17. Jahrhundert wurde die Stadt dreimal durch Kriege zerstört, so auch im Chmelnyzkyj-Aufstand 1648, bei dem die Synagoge niedergebrannt wurde. Der Bau einer neuen Synagoge aus Stein begann vermutlich bald danach, sie steht bis heute.
Vor dem Ersten Weltkrieg gehörte Szczebrzeszyn als Folge der Teilungen Polens zum Russischen Zarenreich, danach zur neu gegründeten Polnischen Republik. Am Vorabend des Zweiten Weltkrieges waren um die 43 Prozent der etwa 7.500 Einwohner der Stadt Juden.
Szczebrzeszyn wurde im September 1939 zunächst durch deutsche, dann durch sowjetische Truppen besetzt, fiel dann schließlich ab Anfang Oktober 1939 unter deutsche Kontrolle. Die Besatzer begannen unmittelbar damit, die jüdische Bevölkerung durch Gewalt und Zwangsarbeit zu terrorisieren. Ab Dezember 1939 mussten Juden Kennzeichnung tragen, ab 1940 wurden immer wieder Juden aus der Stadt zur Zwangsarbeit verschleppt. Ab 1941 durften sich Juden nur noch in bestimmten Straßen aufhalten, so dass de facto ein Ghetto entstand, in dem im Winter 1941/42 viele Juden an einer Typhusepidemie starben.

Am 8. Mai 1942 trieben deutsche Einheiten 2.000 Juden auf dem Marktplatz zusammen und schossen in die Menge. Bei dem Massaker kamen etwa 100 Menschen um, weitere 280 verschleppten die Besatzer in das etwa 65 Kilometer entfernte Vernichtungslager Belzec (polnisch: Bełżec). Am 8. August 1942 wurden 200 alte und gebrechliche Juden außerhalb der Stadt erschossen und 400 weitere nach Belzec deportiert. Zwischen dem 21. und dem 24. Oktober 1942 schließlich wurde das Ghetto liquidiert: etwa 2.000 Juden wurden nach Belzec verschleppt und dort ermordet, während bis zu 1.000 Personen, die der Deportation zunächst durch Flucht entkommen konnten, aufgespürt und erschossen wurden. Massenerschießungen, an denen neben deutschen Einheiten auch polnische Helfer beteiligt waren, gab es mehrmals auch am jüdischen Friedhof von Szczebrzeszyn.

Opfergruppen

Fast alle 7.500 jüdischen Einwohner Szczebrzeszyns fielen der systematischen Ermordung zum Opfer. Die meisten jüdischen Kinder, Frauen und Männer wurden im Vernichtungslager Belzec durch Giftgas erstickt, viele weitere bei Massenerschießungen ermordet. Laut Schätzungen wurden allein am jüdischen Friedhof bis zu 1.000 Juden erschossen.

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Mit dem Angriff auf Polen und der Besetzung des Landes durch deutsche Truppen im Westen und durch die Rote Armee im Osten begann im September 1939 der Zweite Weltkrieg. Unmittelbar nach dem Einmarsch setzten in beiden Teilungsgebieten Verfolgung und Terror ein. Deutsche Verbände verübten Massaker an Angehörigen der geistigen Eliten, jüdischen und nichtjüdischen Zivilisten sowie Patienten. Ab Ende 1939 errichtete die deutsche Verwaltung Ghettos, in denen die jüdische Bevölkerung unter elenden Bedingungen zusammengedrängt wurde. 1941, nach dem Angriff auf die Sowjetunion, geriet auch Ostpolen unter deutsche Herrschaft. SS-Einsatzgruppen ermordeten zunächst systematisch jüdische Männer, später auch Frauen und Kinder. Im Herbst 1941 begannen lokale deutsche Dienststellen im früheren Westpolen mit der Vorbereitung von Massentötungen jüdischer Ghettohäftlinge durch Giftgas. Bis 1945 wurden etwa drei Millionen polnische Juden in den Vernichtungsstätten Kulmhof, Belzec, Treblinka und Sobibor, in Majdanek und Auschwitz ermordet, verhungerten in den Ghettos oder wurden erschossen. 1943 erhoben sich die jüdischen Bewohner des Warschauer Ghettos zu einem Aufstand, den die SS blutig niederschlug. Polnische Soldaten kämpften auf Seiten der Alliierten an allen Fronten des Weltkriegs. Partisanengruppen, darunter die patriotische »Armia Krajowa« (Heimatarmee), bildeten die größte Widerstandsbewegung im besetzten Europa. Am 1. August 1944 begann der Warschauer Aufstand, die umfangreichste Erhebung von Zivilisten gegen die Deutschen im besetzten Europa. Er scheiterte, auch weil die Rote Armee – bereits am anderen Weichselufer stehend – nicht eingriff. Die Zahl der Toten wird auf bis zu 250.000 geschätzt. Insgesamt kamen etwa drei Millionen nichtjüdische Polen unter deutscher Besatzung gewaltsam zu Tode. Nachdem die Rote Armee bereits im Januar 1944 (ost-)polnischen Boden erreicht hatte, wurden die Truppen der Armia Krajowa vom sowjetischen Geheimdienst entwaffnet, ihre Offiziere erschossen oder verschleppt. Die Millionen Toten der Besatzungszeit, die dauerhafte Annexion Ostpolens durch die Sowjetunion, die Eingliederung ostdeutscher Gebiete und der daraus resultierende Bevölkerungsaustausch verursachten in Polen ein schweres politisches und gesellschaftliches Trauma. In der Erinnerungskultur stand das Gedenken an die Ermordung der europäischen Juden in deutschen Vernichtungslagern auf polnischem Boden zunächst im Hintergrund. So galt Auschwitz – im Ausland längst zum Symbol des Holocaust geworden – über Jahrzehnte vor allem als »Ort polnischen Martyriums«. Veränderungen gibt es allerdings seit Beginn des 21. Jahrhunderts. Dazu mögen auch die heftigen Debatten um den ostpolnischen Ort Jedwabne beigetragen haben. Das Massaker an etwa 340 Juden am 10. Juli 1941, das bis dahin »Gestapo und Hitler-Polizei« zugeschrieben worden war, hatten polnische »Nachbarn« ohne deutschen Zwang verübt. Die Diskussionen im In- und Ausland um eine polnische Mittäterschaft führten 2001 dazu, dass sich Staatspräsident Aleksander Kwaśniewski (*1954) bei den Opfern entschuldigte. Forderungen von Fachleuten, etwa aus dem Institut des Nationalen Gedenkens, sich den schwierigsten Kapiteln der Vergangenheit zu stellen, wurden lauter. Zu diesen zählen auch antijüdische Pogrome 1946/47 und der staatliche Antisemitismus im sozialistischen Nachkriegspolen. Der polnische Staat investiert sehr viel in Erinnerungspolitik, auch in Großprojekte mit internationaler Ausstrahlung. Das Museum des Warschauer Aufstandes wurde bereits 2004 eröffnet. Das POLIN Museum der Geschichte der polnischen Juden eröffnete auf dem Gebiet des ehemaligen Warschauer Ghettos 2013, ein Museum des Warschauer Ghettos soll 2024 folgen. In Danzig gibt es seit 2017 das Museum des Zweiten Weltkrieges. Die ehemaligen deutschen Vernichtungslager Belzec und Sobibor wurden nach der Jahrtausendwende in moderne Gedenkstätten umgewandelt. Auch in der Kultur ist eine immer intensivere Beschäftigung mit dem jüdischen und multikulturellen Erbe Polens zu beobachten.

Erinnerung

Seit dem Zweiten Weltkrieg gibt es in Szczebrzeszyn keine jüdische Gemeinde mehr. Die Synagoge aus dem 17. Jahrhundert gehört jedoch zu den bekanntesten Gebäuden der Kleinstadt. Im Zweiten Weltkrieg durch die Deutschen zerstört, wurde sie ab Ende der 1950er Jahre wieder aufgebaut und wird seit 1965 als städtisches Kulturhaus genutzt. 2009/10 wurde die Synagoge erneut renoviert. Dass es sich beim Gebäude um ein ehemaligesss, denkmalgeschütztes jüdisches Gotteshaus handelt, ist deutlich sichtbar. An der Außenmauer hängt seit 1991 eine Gedenktafel, die den Bau als eine der ältesten und bekanntesten Synagogen in Polen ausweist.

Von der jüdischen Vergangenheit von Szczebrzeszyn zeugt auch der jüdische Friedhof. Der älteste erhaltene Grabstein ist aus dem Jahr 1545. Während des Krieges von den deutschen Besatzern zerstört, wurden Grabsteine auch nach dem Krieg noch vom Friedhof entfernt und bei Bauarbeiten verwendet. Heute sind noch etwa 400 Grabsteine erhalten. 1991 haben Nachfahren von Szczebrzeszyner Juden in Denkmal für die ermordeten Juden auf dem Friedhof errichtet. Die Inschrift in den drei Sprachen Polnisch, Jiddisch und Hebräisch lautet: »Denkmal im Gedenken an die Juden von Szczebrzeszyn und Umgebung, die während des Zweiten Weltkrieges durch die Nazis ermordet wurden. Ehre und Ruhm ihrer Erinnerung«.

Öffnungszeiten

Das Denkmal auf dem jüdischen Friedhof ist jederzeit zugänglich.
Das Kulturhaus in der ehemaligen Synagoge ist geöffnet montags bis freitags 8:00 bis 16:00 Uhr, Samstags 8:00 bis 17:00 Uhr

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